Der Fußboden klebt. Es riecht nach altem Schweiss und schalem Bier. Deine Freunde und Freundinnen wollen noch weiter, du willst eigentlich seit drei Bier nach Hause. Doch dann knallt ein fremder Blick direkt in dein Herz…
Geschichten, die nur das echte Leben schreiben kann. Davon können BETONTOD, die zu den populärsten Vertretern der hiesigen Punkrock-Szene zählen, nach 30 Jahren so einige erzählen. Manche würde man lieber vergessen, an andere erinnert man sich gerne zurück. Und hin und wieder passiert was, worüber man einen Song schreiben muss. Wie „Nie mehr St. Pauli ohne Dich“. Doch sorgen wir erstmal für ein wenig Kontext.
Wer sich in den letzten drei Jahrzehnten auch nur ansatzweise mit deutschsprachigem Punkrock befasst hat, der kam an BETONTOD nicht vorbei. Anfang der Neunziger im beschaulichen Rheinberg gegründet („In einer lauen Sommernacht auf der Parkbank“, lacht Gitarrist Frank „Eule“ Vohwinkel. „Glaubt dir heute auch keiner mehr“) landen Alben wie „Traum von Freiheit“, „Revolution“ oder das erst 2021 veröffentlichte „Pace per Sempre“ regelmäßig auf vorderen Positionen der Charts. Und auch live sind Vohwinkel, Sänger Oliver Meister, Gitarrist Mario Schmelz, Bassist Adam Krosny und Schlagzeuger Maik Feldmann längst in den großen Konzerthallen angekommen. Mehr noch: Selbst auf den größten nationalen Festivals wie dem Wacken Open Air oder Hurricane/Southside gehören BETONTOD zu den Stammgästen und begeistern regelmäßig zehntausende.
Mit „Nie mehr St. Pauli ohne Dich“, der (streng genommen) zweiten Auskopplung aus dem aktuellen Album „Zeig dich!“ (VÖ: 26. Mai 2023), haben BETONTOD einen der mitreißendsten Songs ihrer Karriere geschrieben. Treibend, mit krachenden Gitarren und einer Mörder-Hookline. In unter dreieinhalb Minuten. Und trotzdem eindeutig in der eigenen musikalischen Sozialisation (irgendwo zwischen Sex Pistols, Die Toten Hosen und Slime) verwurzelt. Oben drauf dann als kleiner Farbtupfer mit ein paar Bläsern garniert, fertig. So geht Stadion-Punk, Punkt!
Es muss ein denkwürdiger Abend gewesen sein, von dem „Nie mehr St. Pauli ohne Dich“ handelt. Doch es geht nicht um etwas profanes, wie ein verkatertes „Nie wieder“ am Morgen nach der Sauferei. Sondern um ein Gefühl, das wie ein Blitz durch deinen Körper und Seele rast und dich nicht mehr loslässt. Dass du dann trotzdem im Suff die Nummer verlierst, die man dir mitgegeben hat – geschenkt. „Hamburg ist – genau wie Berlin – eine unserer Herzensstädte“, erklärt Frank. „Aber warum uns da immer solche Sachen passieren, weiss ich auch nicht“, schmunzelt er.
Schon Johnathan Frakes hat in der TV-Show „X-Factor: Das Unfassbare“ die Frage gestellt, die jetzt unter den Nägeln brennt: „Ist diese Geschichte wirklich so passiert, oder ist sie frei erfunden?“. Und das wollen wir jetzt auch wissen. „Also da war ein Kumpel mit dabei. Der hat das alles mit erlebt“, schmunzelt Frank. Es gäbe da nur ein Problem: „Wir haben auch seine Nummer verloren, du kannst ihn jetzt also nicht selbst fragen. Zumindest nicht jetzt direkt“.
Ganz ehrlich: Es ist in Wahrheit völlig egal, ob die Story stimmt oder nicht. Denn ein toller Song ist ein toller Song ist ein toller Song. Denn „Nie mehr St. Pauli ohne dich“ ist ein moderner Punkrock-Song, der nicht nur am Millerntor, auf der Reeperbahn oder in der Hafenstraße funktioniert. Denn das Gefühl lässt sich an jeden Ort transportieren. Oder wie Frank sagt „Wenn et dich trifft, ist alles andere egal. Da machste nix“. Fakt ist: „Nie mehr St. Pauli ohne Dich“ ist die Punkrock-Hymne des Jahres, Ende der Durchsage.