Fatoni – „Wunderbare Welt“ OUT NOW!

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Fotocredit
Stephie Braun

Heute veröffentlichte Fatoni sein neues Album „Wunderbare Welt“,
Drama, Komödie und Roadmovie – eine Geschichte in 14 Liedern.

Der gemachte Mann hat sich große Ziele gesetzt, ist kerngesund, hat zu jeder Entwicklung im Weltgeschehen eine Meinung und bindet seine Krawatte perfekt. Fatoni dagegen ist sich seiner Sache grundsätzlich unsicher. Der selbsternannte »beste deutsche Rapper der Welt« fühlt sich meistens nur als Zaungast, als Beifahrer — ständig überfragt und verwirrt, andauernd zwischen den Stühlen und trotzdem getrieben von dieser unterschwelligen Panik, irgendwas zu verpassen. Bevor dieser Anton Schneider die falsche Entscheidung trifft, wird lieber gar keine gefällt. Und wenn sich ein unkomplizierter Weg auftut, treibt ihn die Skepsis erst recht auf den komplizierteren. Der gemachte Mann mag die bessere Vollkasko abgeschlossen haben und generell zufriedener einschlafen — das bessere Album aber, hat Fatoni gemacht.

»Wunderbare Welt« ist Drama, Komödie und Roadmovie, ist ein bisschen »The Big Lebowski «, ein bisschen »Romeo und Julia«, auch ein bisschen »Fight Club« — neuinterpretiert von einem Hauptdarsteller, der seine eigene Rolle überspitzt und karikiert, um sie Stück für Stück besser zu verstehen. Fatonis neuestes Werk ist liebenswert-zynischer Blick zurück nach vorn, ist eine Ode an den Zweifel, an’s Herumirren, an die unendliche Autobahnfahrt auf der Suche nach einem Ort, der sich nach einem Zuhause anfühlt. Tatsächlich setzt »Wunderbare Welt« genau da an, wo Fatonis bisher persönlichstes Stück »Alles zieht vor-bei « aus 2019 endete und in dem er sich fest vornahm, irgendwann ankommen zu wollen. Was er, abgesehen vom Wunsch, »ein cooler Typ wie Porky von Deichkind« zu sein, eigentlich will, weiß Fatoni dabei noch nicht so genau. Allein der Titelsong hält dutzende Grundsatzfragen, auf die es schlichtweg keine einfachen Antworten geben kann, parat. Mittlerweile kann der »König der Zweifler« aber besser definieren, was er nicht will. Anders ist speziell »Du wartest«, ein expliziter Abgesang auf bürgerliche Lebensentwürfe und Fleißkultur, nicht zu erklären. Fatoni teilt sich diese ikonische Eröffnungsszene, die, als melancholischer Popsong getarnt, den Charme einer jugendlichen Punkrock-Hymne versprüht, mit Tristan Brusch — »Du weißt nicht, was es ist, nur, dass du was vermisst«.

Schon in den ersten Minuten von »Wunderbare Welt« wird klar, dass Fatoni seit »Andorra« unbeirrbarer geworden ist, gelassener, irgendwie auch selbstbewusster. Das spiegelt sich in den Texten, aber auch in seiner gesamten Delivery, die weniger hektisch, weniger fahrig, weniger aufbrausend erscheint und sich kaum mehr um den Applaus orthodoxer Hip-Hop Hardliner*innen zu bemühen scheint. Manchmal kann man hören, wie er beim Einrappen schmunzelt. Und dann sind da diese unerwartet-balladischen Gitarren-Passagen — eine ganz neue Spielart im Kosmos Fatoni, die bereichert, ohne verzweifelt in Richtung Zeitgeist zu schielen. »Wunderbare Welt« fühlt sich manchmal fast behaglich an, wie ein geschützter Raum, wie ein Gespräch unter Freunden, wie die Rückbank im gelben VW-Bus aus »Little Miss Sunshine«. Für die meisten Produktionen zeichnen sich mit Torky und Dexter alte Wegbegleiter verantwortlich, auch dadurch entsteht ein Gefühl der Vertrautheit. Speziell jene von Gitarrensounds getragenen Momente, die für die Ambivalenz der Platte mitver-antwortlich sind, stammen allerdings aus dem Hause Dienst&Schulter.

Auf den beschwingten Song »Fröhlich« — die Hook trällert hier ein gewisser Alfred Jodocus Kwak — folgt unvermittelt ein Stimmungstief. »Danke, dass du mich verlassen hast« mit Freund und Wegbegleiter Danger Dan beleuchtet das Ende einer toxischen Beziehung und fühlt sich an wie ein sechs Jahre später nachgeschobenes Outro zum Mine-Fatoni-Kollaboalbum »Alle Liebe nachträglich«. »König der Zweifler« wirkt in seiner Funktion als verkapptes Liebeslied wie ein Gegenstück zum vorangegangenen Beziehungscrash-Report und spitzt sich in der Zeile »ich war mir niemals sicher, nur bei dir« zu.

Dass Fatoni anschließend noch ein bisschen in seiner Vergangenheit wühlt, ist so logisch wie stimmig: »Mid 90s« ist Fatonis persönliche Hip-Hop-Romanze, gleichzeitig aber auch ein Erklärungsansatz für manche Marotte, die ihn bis heute begleitet — »Mein Blut spritzt mir auf mein Shirt, ich hab mich nicht einmal gewehrt«. »Alle ziehen« stellt die Losung »alles zieht vorbei« in einen neuen Kontext, erzählt vom zeitweiligen Abstecher in Kokain-affi-ne Berliner Partyzirkel, der für Fatoni glücklicherweise Geschichte ist. Suchterscheinungen plagen ihn heutzutage vielmehr in einem anderen Zusammenhang: das beklemmende Trap-Poem »Ich surfe« erzählt vom minütlichen Blick auf das Handydisplay und der täglichen Dosis Reizüberflutung durch exzessiven Internetkonsum. Deutlich dadaistischer kommt dann »Dumm« um die Ecke. Für den »Fear and Loathing«-Faktor in der Dramatur-gie hat sich Fatoni Deichkind inklusive ihres neu verpflichteten Mittelstürmers Roger Re-kless an Bord geholt. Und dann macht Fatoni, was ihm am leichtesten fällt: Rappen, wie es der alte Fatoni tat. In »Links Rechts« hagelt es, untermalt von einem triumphalen Boom Bap-Beat, Punchlines und Schellen gegen den Rest der Szene. Muss schließlich auch sein.

Der bewegende Storyteller »Pete« läutet im Anschluss den letzten Akt ein. Hier erzählt Fatoni die Geschichte von Pete Best, dem fünften, 1962 gefeuerten Bandmitglied der Beatles, die er, Fans werden sich erinnern, nicht zum ersten mal in seinen Texten thematisiert. »Pete« ist die Geschichte eines Mannes, der tief gefallen ist, die Lust am Leben schon verloren hatte und dann doch noch zum Glück fand — eine schöne Parabel. Bevor Fatoni den endgültigen Sprung in die Gegenwart unternimmt, wird in »Mein junges Ich« nochmal auf der Gitarre geschrubbt und eine letzte Ohrfeige an den jugendlichen Anton Schneider verteilt. Der Anton Schneider von heute ist geworden — davon erzählt das mit Rap-Referenzen gespickte gemeinsame Stück mit Mola und Max Herre auf Anspielstation dreizehn — wie er niemals werden wollte. Das ist gut so. Und dass das gut ist, ist die vielleicht wertvollste Erkenntnis, die »Wunderbare Welt« zu bieten hat. »Wär doch schlimm«, aber auch das ver-träumte Outro umreißen eindrücklich, warum es gut ist, in Bewegung zu bleiben, unentschlossen, kompliziert und undogmatisch zu sein, sich zu verändern — »Mir geht es so gut wie noch nie, mit dem Taxi in die Therapie«. Als im Finale des letzten Stückes ein Kinderchor einsetzt, kommt für einen kurzen Moment tatsächlich Happy-End-Stimmung auf. Ob Fatoni inneren Frieden gefunden hat? Wahrscheinlich nicht. Aber er hat sich endgültig abgefunden. Damit, dass der Weg das Ziel ist. Damit, dass es den richtigen Lebensentwurf nicht gibt. Damit, dass der Platz in der zweiten Reihe manchmal der bessere ist. Verunsi-chern lässt er sich nicht mehr — erst recht nicht vom gemachten Mann. 

WUNDERBARE WELTPREMIERE
FATONI OPEN AIRS 2023

19.05.2023 Hamburg, Molotow Backyard Open Air
20.05.2023 Berlin, About Blank Open Air
28.05.2023 München, Theatron Pfingstfestival
29.06.2023 Dortmund, JunkYard Open Air
30.06.2023 Leipzig, Conne Island Open Air

Im Herbst startet dann auch die
WUNDERBARE WELTTURNEE

 

 

31.10.2023 Göttingen MUSA
01.11.2023 Düsseldorf Zakk
02.11.2023 Saarbrücken Garage
03.11.2023 Zürich Exil
15.11.2023 Würzburg Posthalle
16.11.2023 Stuttgart Im Wizemann
17.11.2023 Freiburg Jazzhaus
29.11.2023 Kiel Die Pumpe
30.11.2023 Hamburg Markthalle
01.12.2023 Hannover Faust
02.12.2023 Bremen Lagerhaus
06.12.2023 Erfurt Kalif Storch
07.12.2023 Dresden Tante Ju
08.12.2023 Berlin Huxleys Neue Welt
19.12.2023 Marburg KFZ
20.12.2023 Wiesbaden Schlachthof
21.12.2023 Heidelberg Karlstorbahnhof
18.01.2024 Köln Gloria
19.01.2024 Münster Gleis 22
20.01.2024 Magdeburg Factory
24.01.2024 Wien Flex
25.01.2024 Salzburg Rockhouse
26.01.2024 Nürnberg Z-Bau

Tickets, March und das neue Album bekommt ihr hier.