[LEAK]
Die Nürnberger [LEAK] haben Ende letzten Jahres (26.11.21) ihr Debüt-Album „Ghost“ veröffentlicht – wir möchten euch darüber berichten und haben auch einige Fragen [LEAK] für euch gestellt!
An einem unerwarteten Ort treffen sich die Lebenslinien fünf junger Menschen, die damit beginnen, Musik zu machen. Aus ihren Proberaumsessions entstehen Songs. Aus den Songs entsteht eine EP. „Noise from the Void“ erscheint 2017. Danach tauchen [LEAK] ab. Wie von unsichtbarer Hand geleitet, beschreiten sie musikalisch neue Wege, beschäftigen sich mit Kunst und Visuellem, erweitern die Band zumKollektiv. Sie finden ihren roten Faden, finden ihren Geist, der sich als allwissender Beobachter, Erzähler oder Begleiter in ihren Songs und den dazugehörigen Videos wiederfindet. Alles ändert sich und bleibt gleich. Die Dystopie wird als Realität angenommen. Und über allem steht die Musik. [LEAK] beginnen damit, ein Album zu schreiben.
Das Kollektiv absorbiert die dystopische Stimmung in der Welt um sie herum und stößt sie gleichzeitig ab. Die ersten Songs entstehen. Sie erschaffen Klanglandschaften als Orte zum Spazieren und verloren gehen. Wo auch immer die musikalische Reise hingehen mag, wird man eingeladen zu träumen, zu protestieren, zu reflektieren und zu reagieren, zu lachen und zu weinen, zu fallen, aufzuwachen, dem Spektakel beizuwohnen, zu fühlen, zu lauschen und zu tanzen.
„Das Album beginnt mit den Worten „Hey, I know a place, come join me if you got time“. Wir möchten unsere Hörer*innen augenscheinlich auf eine Reise mitnehmen, auf eine Auszeit in unseren chaotischen Köpfen.“
„GHOST“
[LEAK] schreiben selbst: Der namensgebende Geist beschreibt, alles gleichzeitig zu sein, der Schatten im Dunkeln, die Kälte im Funken, die Stille des Windes und der Wachtraum. Er ist nicht greifbar und doch können wir ihn vielleicht spüren, wenn wir inne halten: „I’m away when I’m there“. Vielleicht kann er helfen, wenn wir selbst nicht weiter wissen?
Wer so genau hinsieht, kennt alle unsere Seiten, Facetten, Eigenarten, Superkräfte, Schwächen und Ängste. Er weiß wie wir mit einander umgehen. Und mit uns selbst. Und da gibt es einiges zu tun. Wir als einzelne kleine Zahnräder können das Große und Ganze der Weltmaschine wohl kaum erfassen.
Aber vielleicht können wir lernen im Bewusstsein zu ruhen, dass wir andere greifen und bewegen und dass es ein Ganzes um uns herum gibt, das ohne uns nicht das gleiche wäre.
Wie verordnen wir uns in einer beschleunigten Welt? Wie orientieren und finden wir uns? Wie sollten wir mit einander umgehen? Wie verdienen wir es behandelt zu werden? Auch von uns selbst! Was läuft hier schief und stinkt? Und ist es wichtig zu wissen, wer das zu verantworten hat? Sind wir zu nachlässig oder zu hart zu uns selbst? Machen wir uns alles zu schwer oder zu einfach? Wäre es ernüchternd oder ermächtigend zu merken, dass wir ganz allein für das was in uns vor geht und hoch kommt verantwortlich sind? Dieser Geist ist im Wandel.
Wir vom Festivalstalker finden diese Tiefe, das Hinterfragen und die Power die hinter diesem Album steckt sehr spannend und wollten euch deshalb auch ein paar Antworten zur Band an sich beschaffen!
Festivalstalker: Könnt ihr uns ein bisschen erzählen? Wofür steht [LEAK], was ist euer Antrieb? Woher seid ihr, was macht ihr für Musik, wie lang gibts das Projekt schon?
Wir sind eine fünfköpfige Band und kommen aus Nürnberg. Yoshi am Schlagzeug, Tim an Synthies und Gitarre, Jakob an Synthies und Bass, Flo an Gitarre, Synthies und Gesang und Rachel an Synthies und Gesang. Wie man an der Auflistung gerade sieht, ist unsere Musik also ziemlich synthesizerlastig (geworden). Als wir angefangen haben miteinander Musik zu machen, waren Bühne und Proberaum halb so voll, wie sie es jetzt sind. Uns fällt es immer ein wenig schwer unsere Musik einem einzelnen Genre zuzuordnen, aber meistens sagen wir, dass wir Post-Pop mit einem Hauch Triphop machen, irgendwo Electronica-Soundeinflüsse herumschwirren und längere Instrumentalteile gerne mit Postrock-Elementen daher kommen.
Flo hat [LEAK] vor Jahren ins Leben gerufen, indem er über die Thomann Musikersuche eine Anzeige geschaltet hat, ob es in der Region ein paar Leute gibt, die Lust haben zusammen Musik zu machen. Darin wurde wild mit Soundvorbildern um sich geworften – in eine Richtung zwischen Radiohead, Björk, Archive, The Notwist oder Portishead könnte es gehen. Zum Glück haben sich damals einige Leute beworben und wir haben uns einen Proberaum gesucht. Jakob und Tim sind seither an Bord.
In der aktuellen Besetzung spielen wir tatsächlich erst seit 2020. Da hat sich der liebe Joshi uns angeschlossen, nachdem sich unser ehemaliger Drummer aus dem Projekt zurückgezogen hat.
Was unseren Antrieb angeht könnte man wahrscheinlich sagen, dass wir einfach große Lust darauf haben unsere Gedanken und Geschichten in schöne Soundlandschaften zu betten und einfach sehr gerne zusammen Musik machen. Vor allem Live!
Festivalstalker: Was waren die bisherigen Höhepunkte eurer Karriere? Ihr habt ja ganz schön angeschoben die letzten Jahre, über 5000 Monatl. Hörer hat jetzt nicht jede Newcomerband mit einem frischen Debüt-Album!
Oh, danke! Das Album zu veröffentlichen ist für uns definitiv ein Höhepunkt. Da waren wir jetzt sogar mehrere Jahre dran gesessen und haben unsere kreative Energie in die Stücke gewebt. Als dann Anfang 2020 Corona zugeschlagen hat, haben wir uns dazu entschieden das Album noch nicht zu veröffentlichen, sondern die Zeit zu nutzen es noch einmal zu überarbeiten. Auch wenn sich diese Verzögerung erst mal richtig doof angefühlt hat, war es im Nachhinein echt gut für die Platte!
Ansonsten durften wir 2021 einige tolle Festivals spielen! Die meisten haben aufgrund der Pandemie zwar digital stattgefunden, aber zumindest virtuell konnten wir so beim
The Great Escsape in Brighton, der Athens Music Week und Live at Heart Southeast in Schweden dabei dabei sein.
Vor Ort konnten wir beim What‘s Next in Music in Litauen, dem Nürnberg Pop Festival und auf dem Waves Vienna spielen.
Das hat uns nach dem ersten Coronawinter echt gutgetan!
Festivalstalker: Wovon handelt euer Album und was (in euren Augen) kennzeichnet dieses Album ganz besonders?
Das Album heißt Ghost. Ghost ist auch ein Song auf dem Album und unser vermutlich ältester Song. Den spielen wir auch fast immer als Abschluss bei Konzerten, weil er uns irgendwie nochmal erdet und zusammenbringt. Es macht einfach richtig Spaß ihn zu spielen. Ghost ist quasi der rote Faden, der sich durch das Album zieht. Der allwissende, nicht verurteilende, immer präsente und irgendwie gutmütige alte Geist, der über allem steht und dem lyrischen Ich bei inneren Kämpfen, Wutanfällen, Liebeserklärungen und Entwicklung zuschaut.
Was das Album besonders macht, ist dass sehr alte Songs auf sehr neue Songs treffen und viele Leute daran mitgewirkt haben. Zum Teil vermischen sich zum Beispiel alte Drumspuren unseres ehemaligen (und fabelhaften!) Drummers Fabi mit denen von Yoshi. Außerdem hat das Album eine kleine interne Krise überlebt und irgendwie auch geheilt. Als klar war, dass wir eine Förderung der Initiative Musik für die Fertigstellung des Albums bekommen sollen, wussten wir gar nicht so genau, ob und wie es mit uns weiter gehen soll.
Lockdownwinter und Beschränkungen des kulturellen Lebens haben uns als Musikschaffende ausgezehrt, die zahlreichen mehrtägigen Studioaufenthalte im Jahr 2021 haben uns in diesem Gefühl des Stillstands aber richtig gutgetan um wieder zusammen zu finden.
Festivalstalker: Welche Geschichte steckt hinter dem Fokus-Song „Kicking In Open Doors“, was verbindet ihr mit dem Song?
Bei „Kicking In Open Doors“ sprich das lyrische Ich mit seinen selbstzerstörerischen Gedanken und realisiert schließlich, dass es in seiner eigenen Verantwortung liegt sich von ihnen zu verabschieden. Die Verantwortung für unsere eigenen Gedanken liegt bei uns. Die Tür zu einer neuen, liebevolleren, konstruktiven Denkweise steht uns offen. Vielleicht müssen sie nicht gewaltsam eintreten, sondern einfach durch sie gehen.
Dieses Thema der Selbstverantwortung zieht sich eigentlich fast durch das ganze Album.
Festivalstalker: Woher nehmt ihr die Tiefe in euren Songs, wodurch werdet ihr am meisten inspiriert, wer schreibt?
Auf dem Album sind Songs von Flo, Rachel, Jakob und auch unserem ehemaligen Drummer Fabi. Zum Teil wurden Songs auch von mehreren Leuten zusammen geschrieben.
Da kommt die Inspiration also aus ganz unterschiedlichen Quellen.
„Run“ beschreibt das Hamsterrad des Alltags, in dem wir alle mehr oder weniger stecken und soll eine kleine Erinnerung daran sein diesen Alltag vielleicht nicht immer allzu ernst zu nehmen und mal innezuhalten.
„Closeups“ fasst irgendwie die kratzbürstige und patzige Stimmung ein, die eine Weile lang zwischen Flo und Rachel geherrscht hat, nachdem sie sich getrennt haben. Der ist aber trotzdem weniger ein Song über eine Beziehung, als vielmehr einer, der zu deren Ende entstanden ist und den wir darauf gedeutet haben.
„Queendom“ feiert Weiblichkeit und alle Menschen, die den Zugang zu ihrer eigenen weiblichen Energie haben.
Es gibt aber auch Songs wie „Screaming Underwater“ von dem niemand so genau weiß worum es geht… Der ist einfach bei einer gemeinsamen Songwriting Session entstanden. Ist auch okay so. Muss ja nicht immer alles so durchdacht sein.
Das lyrische Ich sind wir beim Texten meistens nicht selbst. Das befreit einen beim Erzählen von Geschichten und Gefühlen, weil man sich Begebenheiten ausdenken kann, in denen anders empfunden wird als man selbst empfinden würde.
Festivalstalker: Wie würdet ihr eure Bandentwicklung die letzten Jahre auch bezgl. Sound beschreiben? Was hat euch am Meisten geprägt?
Als wir angefangen haben, wussten wir nicht so richtig was wir tun, jeder hat die Instrumente gespielt, die er eben hatte, Songs waren oft nur knapp und simpel arrangiert, unsere Soundentscheidungen rückblickend recht unausgegoren. Aber inzwischen sind wir findige Tüftler geworden und haben unser Repertoire bezüglich technischer Hilfsmittel (man könnte sie Instrumente nennen) und hinsichtlich unserer Formensprache erweitert. Wir haben unsere Instrumentarien und Homerecording-Infrastruktur über die letzten Jahre beständig ergänzt, so dass wir inzwischen viel selbst aufnehmen und bearbeiten können. Mit der Zeit haben wir die Songs, die jetzt auf „Ghost“ versammelt sind, auseinandergenommen, überarbeitet, verworfen, umgeschrieben und zusammengestückelt. Musikalische Entscheidungen wurden über die Jahre immer bewusster getroffen. Geprägt haben uns unsere Umwelt, unser eigenes Aufwachsen, die tolle Musik anderer Künstler*innen, unsere Ansprüche an uns selbst, das Zwischenmenschliche des Bandlebens, unsere Neugierde und sicher vieles mehr.
Festivalstalker: Was steht für nächstes Jahr live an – habt ihr hier was geplant, das hoffentlich auch umgesetzt werden kann?
Wir werden im März in Deutschland auf Tour gehen und auch in den Monaten danach sind schon Konzerte und Festivals in unserem Kalender verzeichnet, die sich in den kommenden Wochen auch noch vermehren werden. Auch ins europäische Ausland werden wir erneut reisen. Und auch wenn man in diesen Zeiten mit Freude über Konzerttermine ein bisschen vorsichtig haushalten muss, freuen wir uns natürlich irrsinnig darauf unsere Musik auf die Bühnen dieser Welt zu tragen. Wir beginnen die Tour am 11.3. in unserer Homebase Nürnberg. Wenn trotz aller Ungewissheiten über die pandemischen Umstände Tickets für unsere Konzerte gekauft werden, hilft uns das wahnsinnig. Wir sind voller Vorfreude auf Gigs und werden euch nicht enttäuschen. 🙂 Aktualisierte Termine erscheinen stets auf Instagram, Facebook und unserer Homepage.
Festivalstalker: Was habt ihr demnächst geplant, wie geht’s nach eurem Debüt-Album?
Den Dezember haben wir eine musikalische Pause sein lassen. Die Monate davor wurde so viel an „Ghost“ geschraubt, über Mixe diskutiert und Spuren ausgetauscht, dass es gut tut, kurz Stille zuzulassen. Aber nach Weihnachten sind schon wieder ein paar Tage in unseren Kalendern geblockt, weil wir unsere Füße nicht stillhalten können. Wir haben jetzt grade ein komplettes Album veröffentlicht, der Output der letzten Jahre ist raus und es brennt uns unter den Nägeln neue Songs zu schreiben. Wir haben komplett neue Skizzen rumliegen und zahlreiche Tracks, die für „Ghost“ im Gespräch waren und im Prozess zur Seite gelegt wurden. Jetzt haben wir Platz uns über die her zu machen.
Festivalstalker: Mit wem würdet ihr gerne ein Feature in Zukunft planen?
Wir haben auf diese Frage hin irgendwann mal mit Kanye West geantwortet. Tatsächlich könnten wir das aber gar nicht so auf einen/eine Künstler*in runterbrechen. Wir wünschen uns alle, dass unsere Musik von verschiedenen Einflüssen lebt und dass jeder Song für sich angegangen wird. Das eröffnet Potential für ganz verschiedene Features. Rap könnte ich mir gut vorstellen. Streicherensemble aber auch.
Festivalstalker: Na das klingt doch vielversprechend und wir haben das Gefühl, es bleibt weiterhin ziemlich spannend um Euch und eure Musik! Vielseitigkeit und Offenheit machen Spaß und versprechen alles andere als Langeweile 🙂 Vielen Dank für eure Zeit, das Interview und die ausführlichen Antworten!
An alle da draußen: Ab auf den Streamingdienst eurer Wahl, Musik an, Kopf aus und zuhören! 😉
Die Band ist im März auch ein paar mal live zu sehen – guckt mal hier: www.leaksound.com
[LEAK] auf Instagram: @leaksound