Feine Sahne Fischfilet sind zurück. Waren sie überhaupt weg? Auf jeden Fall veröffentlichten die fünf Rostocker vor ein paar Wochen ihr neues Studioalbum „Alles glänzt“. Genau über dieses Werk und was in der letzten Zeit, besser Jahren, so geschehen ist, was die Zukunft bringen soll und den internen Veränderungen, haben wir mit Max und Monchi gesprochen.
Zu Beginn: Wie geht es euch momentan als Band?
Max: Moin, Moin und schöne Grüße aus dem Norden. Ja, uns geht es soweit gut. Wir haben grade Garagenkonzerte verlost und schon einige gespielt, wurden dabei von Fans, die sich beworben haben überall herzlich aufgenommen, von der Schwäbischen Alb über Hessen und Thüringen nach Sachsen-Anhalt. Da haben Leute echt ihre Garagen leer geräumt, alle Leute die sie kannten eingeladen und versucht uns mit gekühlten Getränken und beheizten Pools glücklich zu machen. Das hat so viel Spaß gemacht, dass wir noch viel mehr solcher Konzerte spielen werden. Sonst laufen die Vorbereitungen für unsere großen Open Airs dieses Jahr wo wir schon ziemlich aufgeregt sind und uns über jeden Menschen freuen der vorbei kommt.
Es gab mehrere Veränderungen in der Band. Was hat sich seit den Wechseln verändert? Zum Beispiel auf der Bühne, stimmungsmäßig, musikalisch?
Max: Zu allererst haben wir das Gefühl endlich wieder eine Band zu sein. Wir unternehmen auch nach unseren Bandterminen Dinge zusammen und sind nicht zuletzt durch die letzten Jahre sehr eng zusammen gewachsen. Das spürt man dann auch stimmungsmäßig wenn es untereinander stimmt. Wir haben auch als Band noch nie so viel Zeit gemeinsam verbracht. Sei es im Proberaum, im Studio, auf der Bühne oder in Telefonkonferenzen. Das ist ne Menge Arbeit, aber es macht auch sehr viel Spaß. Musikalisch ist es so, dass Hauke unser Gitarrist eine willkommene Ergänzung ist. Nicht nur beim Schreiben der Songs unterstützt er, sondern er liefert auch an der Gitarre und stimmlich ordentlich ab. Außerdem kann man sich immer auf ihn verlassen und er hat sich zu einer wichtigen Stütze der Band entwickelt. Das hört man auch in den neuen Songs. Sein Lied „Tut mir leid“ auf unserer neuen Platte „Alles glänzt“ zeigt sehr deutlich, dass er eine neue Note in die Band trägt. Genau aus dem Grund haben wir das Gefühl das neue Album ist sowas wie die Weiterentwicklung unserer bisherigen Alben.
Veränderungen gab es ja auch bei Jan (Monchi). Wie hat dies und das Buch dein Leben verändert und das Sein als Sänger einer Band?
Monchi: Ich habe 65 Kilo abgenommen, habe die ganze Zeit aber hart mit dem Jo-Jo Effekt zu kämpfen. Aber 182 Kilo habe ich bisher nicht mehr gewogen. Ich weiß nicht, ob das so bleibt, aber ich hoffe, dass ich gegen meine Fresssucht ankomme. Das ist eine große Veränderung, die durch mein Buch stattgefunden hat: das ich angefangen habe ganz bewusst mit mir selber auseinanderzusetzen. Das ist oftmals intensiv und ich denke man merkt das auch in dem Buch, das ich da kein Blatt vor dem Mund nehme. Eine ganz praktische Veränderung: wenn ich jetzt grad die ersten Konzerte spiele, kann ich einfach 2-3 Konzerte hintereinander ohne Schmerzen spielen. Ansonsten haben die Innenseiten meiner Oberschenkel immer schon geblutet, weil sie so fett waren. Dies ist eine wunderschöne Veränderung, denn ich kann mich mehr auf die Musik, auf das Konzert konzentrieren. Ich hoffe, dass das so bleibt.
Zum Thema Band: Eure Songs werden oft als „Politische Musik“ betitelt. War das bei der Gründung der Band für euch immer eine Intention, auch nun aktuell in Bezug auf das neuen Album „Alles glänzt“?
Max: Also zu allererst haben wir uns vor mehr als 18 Jahren in Vorpommern im Proberaum, als kleine Schülerband, nicht gedacht „hey wir wollen gerne politische Musik machen“. Du bist vielmehr zu dem geworden. Nicht zuletzt, weil wir einfach sehr schnell gemerkt haben, dass wir keine Faschos auf unseren Konzerten haben wollten und wenn du das in unserer Region klar formuliert hast, warst du gleich als „Antifa“ abgetan. Wir haben uns dann natürlich aber auch alle als Heranwachsende politisiert und uns dabei immer die Frage gestellt wie wir diese Welt mit den uns möglichen Mitteln etwas zum Besseren wenden wollen. Da war die Musik natürlich ein geeignetes Mittel um sich ausdrücken zu können. Wir freuen uns noch heute wie kleine Kinder, wenn wir mitbekommen, dass sich Jugendliche aus unserer Region eben nicht den Nazis anschließen, weil das oftmals das einzige Angebot ist, sondern sie auch durch uns merken, dass es anders gehen kann. Das hat sich dann natürlich auch bis ins aktuelle Album gezogen. Hier sind es dann oft persönlich Erfahrungen über die wir ins Politische eintauchen. Vom Kleinen zum Großen sozusagen. Wichtig ist das nach wie vor, klar.
Zum Thema Kritik/Gesellschaftskritik: Es gab vor einiger Zeit kritische Stimmen bzgl. Sexismus, wo auch Feine Sahne Fischfilet genannt wurden? Wie steht ihr zu dem Thema und inwiefern hat dies euren Umgang mit Fans beeinflusst?
Max: Das Thema hat bei uns einen enorm hohen Stellenwert und ist uns auch nicht fremd. Wir sind in politischen Zusammenhängen groß geworden und haben uns schon immer mit Sexismus auseinander gesetzt. Bereits auf unserem ersten Album haben wir bspw sexistische Textzeilen gestrichen, weil es uns einfach zu dumm war und wir nicht sowas verbreiten wollten. Man lernt natürlich aber auch auf dem Gebiet nie aus und so haben wir auch oft zuzuhören wenn es bspw darum geht unsere Shows für alle angenehmer zu machen. Denn wenn irgendwer Bock hat andere scheiße zu behandeln, dann hat er auf unseren Konzerten nichts verloren. Wir glauben, dass man da immer mal wieder drauf hinweisen muss, wir haben beispielsweise geschultes Awarenesspersonal auf unseren Konzerten, die immer ansprechbar sind wenn irgendjemand scheiße erleben muss.
„Alles glänzt“: Was bedeutet das Album für euch?
Seit eurem letzten und erfolgreichen Studioalbum “Sturm & Dreck“ sind mittlerweile doch 5 Jahre vergangen, hat das aktuelle Werk einen anderen Stellenwert? Dazwischen liegen ja ein paar turbulente Jahre. Auf „Alles glänzt“ wirkt ihr textlich erwachsener (eigentlich ein doofer Begriff), persönlicher und auch ruhiger. Ist das Album vielleicht auch als eine Art Eigenreflexion der letzten Jahre zu sehen?
Max: Der interne Stellenwert des aktuellen Albums lässt sich gar nicht hoch genug betrachten. Wir haben uns regelrecht aus einem Loch gespielt und vor allem uns gezeigt, dass wir das noch können. Nach 5 Jahren fängst du auch schon mal an zu zweifeln, ob das alles noch so hinhaut und wie es wohl weiter geht. Aber auf das Album sind wir richtig stolz und können es kaum erwarten die neuen Songs endlich vor Publikum zu spielen. Und ja na klar, beim letzten Album war alles wie im Rausch, wir haben keine Pause gemacht und konnten eigentlich nie durchatmen. Oft merkt man dann erst in Ruhezeiten erstmal, was man da eigentlich die ganze Zeit erlebt hat. Das neue Album ist auch eine selbstkritische Reflexion und ein optimistisches Nach-vorne-schauen. Grade wenn ich an „Wenn’s morgen vorbei ist“ denke. Das drückt eigentlich gut das Gefühl aus endlich mal wieder richtig durch den Tisch zu treten und die Sorgen von morgen kurzzeitig verschwinden zu lassen.
Eure aktuelle Single „Wenn wir uns sehen“ spricht ein emotionales Thema an, was viele gerade zum Denken bringt. Wie kam es genau zu dem Kontakt mit dem Kapitän Dariush Beigui und habt ihr auch aktuell Kontakt zu ihm und seiner Crew und den Geschehnissen vor Ort in Italien?
Max: Ja wir stehen in engem Austausch mit Dari unserem Freund, der als Seenotretter auf dem Mittelmeer unterwegs ist und er hält uns immer auf dem Laufenden. Wir tauschen uns eigentlich täglich aus und bekommen sehr viel von ihm mit. Von großen Freuden über die von uns gesammelten Spenden für sein Schiff, oder Enttäuschungen über juristische Teilniederlagen in seinem großen Prozess auf Sizilien. Da ist er neben etlichen anderen Menschen angeklagt, weil er Menschen vor dem Ertrinken rettet und es drohen Ihnen hohe Strafen. Kannst du dir eigentlich nicht ausdenken. Aktuell ist er aber wieder draußen und kurioserweise haben wir auch den Eindruck, dass es ihm dann am besten geht, wenn er Menschen retten kann.
Wahlen in Thüringen: Im Kreis Pinneberg wurde der erste AfD-„Politiker“ zum Landrat gewählt. Wie seht ihr diese Entwicklung?
Max: Nunja, für uns ist diese Entwicklung alles andere als überraschend. Wir reden seit Jahren davon, dass es einen immer größeren Zulauf zu regressiven gesellschaftlichen Positionen gibt. In der AfD unterscheidet sich das inhaltlich eigentlich kaum von dem was früher die NPD gemacht hat. Nur, dass es jetzt einen viel höheren Rückhalt und er Gesellschaft für derartige Positionen gibt. Das ist erschrecken, aber sicher auch die Folge einer komplett zerstrittenen Linken, die sich oftmals eher an Grabenkämpfen und Teilungen aufhält, statt eine gemeinsame Strategie zu entwickeln wie man dem gegenüber treten kann und möchte. Schade.
Dieses Jahr geht es für euch erstmals auf eure erste eigene Open-Air Tour.
Sehr ihr dies als das bekannte Sahnehäupchen nach all den letzten Jahre, den Erfolg, das neue
Album, den Veränderungen etc?
Max: Das ist einfach nur der Hammer das erleben zu dürfen. Das ist doch als ob ein Kindheitstraum in Erfüllung geht und jeder Band, die nicht halbwegs beschissen ist, wünsche wir es das erleben zu dürfen. Immer mit dem Satz im Hinterkopf: „Wenn’s morgen vorbei ist, scheissegal das haben wir mitgenommen!“
Zum Schluss: Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Dass wir den Scheiß noch in 10 Jahren machen können – und wenn nicht das, dann doch wenigstens, dass alle Menschen, die auf der Suche danach sind, ein sicheres Zuhause finden mögen.
komm mit aufs boot – open air tour 2023
30.06.2023 D Karlsruhe – Kulturbühne Gäste: Comeback Kid & Maid Of Ace
14.07.2023 D Dortmund – Westfalenpark Gäste: Slime & Clowns
15.07.2023 D Dresden – Elbufer Gäste: Clowns & Hinterlandgang
22.07.2023 D Wiesbaden – Kulturpark Schlachthof Gäste: Clowns & Stage Bottles
29.07.2023 D Berlin – Parkbühne Wuhlheide Gäste: Clowns
18.08.2023 D Hamburg – Open Air Am Großmarkt Gäste: Anti-Flag & Maid Of Ace
26.08.2023 D Losheim am See – Strandbad Open Air Gäste: Anti-Flag & Maid Of
komm mit aufs boot – festivals 2023
01.07.2023 CH St. Gallen – Open Air St. Gallen
08.09.2023
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09.09.2023 D Jarmen – Wasted in Jarmen Open Air