Im Interview mit Joshi von ZSK!

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Carsten Janke

In wenigen Wochen erscheint das neue ZSK Album „Hass↯Liebe„. Dies haben wir zum Anlass genommen uns mit Joshi von ZSK virtuell zu treffen und ein bisschen über das neue Album, Punk und Politik zu sprechen.

Festivalstalker: Hallo Joshi! Wie geht’s dir? Wie bist du ins neue Jahr gekommen?
Joshi: Gut! Ins neue Jahr ganz ruhig. Ich war in Dänemark auf ’ner Insel wo es kein Feuerwerk gab. Finde ich ’n bisschen schade, aber es war schön entspannt.
Festivalstalker: Das glaub ich dir!

Festivalstalker: Du hast mal in ’nem Interview gesagt, …
Joshi: Oh…jetzt kommt’s, jetzt kommt’s! *grinst*
Festivalstalker: … dass Punk heutzutage keine Rebellion mehr ist. Was ist es denn dann deiner Meinung nach?
Joshi: Naja, also… ehm.. es ist schon einfach ’ne, meiner Meinung nach, ’ne großartige Musikrichtung weiterhin und schon einfach irgendwie ’ne progressive Richtung, wo sich viele Leute zusammen finden, die Bock haben die Welt irgendwie ’n bisschen besser und anders zu machen. Und das gefällt mir eigentlich immer ziemlich gut. Aber klar! Also, was ich damit gemeint hab, du schockst halt keinen mehr. Machste dir grüne Haare, sagen alle „Oh Billie Eilish hat das auch! Cool! Wo ist mein iPhone?“. Also, das funktioniert halt heutzutagen nicht mehr. Find ich aber auch nicht schlimm, man kann mit anderen Sachen schocken, indem man halt sich in Lützerath in ’nem Tunnel setzt, also das ist doch auch cool. Viel mehr Punk als grüne Haare!
Festivalstalker: Absolut! Finde ich auch und auch wichtig.
Joshi: Ja.

Festivalstalker: In ein paar Wochen erscheint ja euer neues Album „Hass↯Liebe“. Seid ihr alle denn schon aufgeregt?
Joshi: Ja, also ehrlich gesagt, dass ist ja unser 7. Album und man könnte denken, dass man da so abgebrüht wird nach 25 Jahren Bandgeschichte aber jetzt ist es so spannend als wär’s das erste Album, ey! Ich freu mich da immer wahsinnig und wir sind sehr aufgeregt natürlich. Und dann direkt auf Tour, auch super cool, dann schauen wie die neuen Songs ankommen und vor ein paar Tagen kamen die ganzen Vinylfarben hier an, ich bin ja großer Vinylsammler und ah, das macht uns wahnsinnig viel Freude immer.
Festivalstalker: Die sahen auch schon cool aus, ich sammel auch Vinyl.
Joshi: Ja, ne! *begeistert*

Festivalstalker: Auf eurer Website heißt es das „Hass↯Liebe“ ein Soundtrack für alle sei, die sich trotz finsterer Zeiten nicht entmutigen lassen und es sei ein Album zum Durchhalten. Doch was bedeutet euch ganz persönlich dieses Album?
Joshi: Ja… *lacht* Naja, also für uns ist immer ’n neues Album, man hat da ja das verarbeitet im Grunde, was die letzten Jahre passiert ist, ne. Und das ist so’n bisschen unsere Abrechnung mit der Rest-Pandemie-Zeit und mit dem Zustand der Welt gerade, der irgendwie gefühlt jeden Tag schlechter wird und trotzdem, wie du ’s ja auch grad zitiert hast, ist uns schon immer wichtig da nicht so in Heulerei zu verfallen und aufzugeben, sondern uns auch so ’n bisschen auf die positiven Sachen zu konzentrieren und Leuten Mut zu machen. Und das find ich schon immer wichtig. Also einerseits natürlich rumschreien und sagen was blöd ist, aber andererseits dann sagen „Komm, es gibt ganz Vieles was gut läuft, lasst uns das angucken und da anpacken“, das ist wichtig. Wir wollen da nicht so resiginierend sein. Und ich hoffe das kommt auch rüber.
Festivalstalker: Absolut!
Joshi: Yeah! *grinst*
Festivalstalker: Also ich mag’s! Ich hab auch schon die Review fast fertig und es macht wahnsinnig Spaß das zu Hören.
Joshi: Oh ja cool! Das freut mich.

Festivalstalker: Daher gleich die nächste Frage. Da nicht jeder so genau die Evolutionstheorie kennt. Warum freut sich „Darwin“?
Joshi: Naja, es gibt ja sozusagen zwei Evolutionstheorien: Lamarck der sagt, die Giraffen haben längere Hälse bekommen, weil sie oben an die Blätter wollten und sich immer gedacht haben „Oh, ich will ’nen längeren Hals!“ und dann haben über Generationen die Giraffen längere Hälse bekommen. Und dann gibt’s Darwin der gesagt hat, die Giraffen mit längeren Hälsen, die zufällig mal geboren wurden, haben überlebt, weil sie an die Blätter kamen und die anderen sind drauf gegangen, also survival of the fitest. Und, sozusagen nach dieser Theorie gibt es diese scherzhaften Darwin-Awards jedes Jahr, wo Leute im Netz sozusagen die dümmsten Todesfälle küren, wo Leute aus Blödheit drauf gegangen sind. Klingt jetzt erstmal fies, aber so ja. Ist ziemlich zynisch und gemein. Aber, darum geht’s so ’n bisschen, da dachten wir: So is es einfach. Die Welt ist so verrückt und kaputt, weisst du, da sind auf der einen Seite Leute die … oder irgendwelche Kinder die auf der Straße sterben, weil sie nicht genug zu Essen haben und auf der anderen Seite, Elon Musk, der irgendwelche Raketen zum Mars schicken will und Milliarden… der hat mehr Geld, als 100 Menschen im ganzen Leben ausgeben können. Das ist ja schon eine wahnwitzige Welt, wenn man sich das so vorstellt, vor Augen führt. Und darum ging’s mir so ’n bisschen in dem Song, diesen ganzen Wahnsinn zu beschreiben, den ’s in der Welt nun mal gibt. Und, ja, Darwin hätte glaub ich seine Freude daran was hier für ein Quatsch passiert, zum Teil …*schüttelt den Kopf und lacht*

Festivalstalker: Absolut! Als ich den Song „Und ich höre dich atmen“ zum ersten Mal gehört habe, hatte ich wirklich Gänsehaut…
Joshi: Oooh.. cool!
Festivalstalker: Also morgens, auf dem Weg ins Büro, ich musste nochmal durchatmen bevor ich ins Büro gehen konnte. Der war wirklich…
Joshi: Das höre ich sehr gern. Ich hab wahnsinnig viele Mails und Briefe schon zu dem Lied bekommen, obwohl ’s ja gerade erst raus ist. Echt verrückt.
Festivalstalker: An wen ist dieser Song denn gerichtet oder über wen handelt er für dich?
Joshi: Also, allen Leuten den ich den Song vorspiele, die keine Kinder haben, die sagen immer: „Ah, so ’ne schöne Liebesgeschichte“. Und alle Leute mit Kindern sagen sofort: „Ah, ein Lied über Kinder“. Und ich hab 3 Töchter und da geht’s eigentlich drum, aber ich hab‘ das bewusst offen gelassen. Also jeder darf da rein interpretieren, was er oder sie darin sieht. Also grundsätzlich geht’s natürlich um bedingungslose Liebe und Vertrauen und jemanden schützen vor allen Gefahren. Aber wer ein Kind hat und schon mal ’ne Nacht verbracht hat, wenn das Kind die ganze Zeit mit 40 Grad Fieber neben einem im Bett liegt, der weiß genau worüber ich da singe. *grinst*
Festivalstalker: Sowas hab ich mich schon gedacht. Dann ist ja aber das Video sehr im Gegensatz dazu mit eurem Tatort-like Movie.
Joshi: Genau! Sowas find ich total wichtig. Wie scheiß‘ langweilig wär’s gewesen, wenn wir jetzt genau auf den Text genau das Video. Manchmal geht das nicht anders bei Songs, weil man keine bessere Idee kriegt. Weisst du bei unserem Lied „Antifascista“, wie absurd wär’s da ’ne andere Story zu bringen, ja völlig klar! Aber, ich fand das da wichtig, dass man erzählt den Song ganz neu und anders. Und im Video geht’s im Grunde auch um Freundschaft, um ja Liebe, wenn man so will, also untereinander… und Sterben und viel Action. *grinst* Und das war die Idee, dass man was Überraschendes, ganz Anderes macht und dann ist ja das ganze Video ja wiederum in Slow-Motion, was ja eigentlich gar nicht dazu passt, dass es so viel Action ist und, ja! Ich hab‘ einfach Spaß daran mir so Ideen mit den Jungs auszudenken. Und es war mega cool diese krassen Hollywood-Effekte zu machen! Die waren so sau-teuer aber haben super viel Spaß gemacht. Ist halt wirklich wie wenn so’n Tatort oder ’nen James Bond Film gedreht wird. Genau so Leute haben das mit uns gemacht, das ist echt krass. Diese Shotgun, die ich in der Hand hab, das ist ’ne echte Shotgun! Also wir haben dann so Spezial-Genehmigungen und dürfen diese Sachen mitbringen. Das war echt verrückt. Man ey, ha! *grinst*
Festivalstalker: *lacht* Ja ist auch wirklich cool geworden!

Festivalstalker: „Scheißtyp“ feat. Romana von Attic Stories fällt ja musikalisch betrachtet schon aus der Reihe. Wie war es denn für dich an diesem Song zu arbeiten?
Joshi: Ja, also wir haben ja seit ’n paar Alben gesagt wir machen nicht mehr so ’ne Schere im Kopf und überlegen, ob das jetzt auch dem letzten Punker so gefällt oder nicht. Und das ist ja schon so ’n Song, der ist ja ziemlich poppig, ist auch ganz bewusst so und Romana hat auch ’ne sehr .. ehm, wie würde man das sagen… sanfte Stimme. Find‘ ich auch cool, das passt da irgendwie genau rein.  Und, ja, Attic Stories mögen wir sehr, gute Leute, hatten wir auch mit auf Tour. Und als wir Romana gefragt haben, hat sie sofort gesagt: „Ja klar gerne!“. Wir fanden’s wichtig auf ’ne, wie soll man sagen, ’n bisschen auf ’ne entspannte, nette Art das Thema Sexismus und toxische Männlichkeit so’n bisschen zu zeigen und dann natürlich auch mit Romana zusammen, die da die weibliche Perspektive auch wirklich hat. Ich kann das ja nur… ich nehm das ja nur wahr wenn mir Frauen das erzählen oder wenn ich sehe wie Frauen irgendwie blöd behandelt werden. Wir haben viele Frauen bei uns in der Crew – ’ne Mercherin, ’ne Lichttechnikerin, ’ne Fotografin und so – und sind zusammen unterwegs und schauen natürlich auch das‘ immer allen gut geht. Zum Glück gibt’s bei uns wirklich fast nie irgendwie Probleme, im Publikum oder mit Leuten im Club die dann Frauen plötzlich blöd oder anders behandeln, als Männer bei uns aus der Crew. Da bin ich ganz froh, aber ich weiß natürlich, dass es immer wieder bei Konzerten oder so, zum Glück kaum bei unser’n, aber so, gibt’s natürlich Vorfälle wo man denkt: „Ist doch Scheiße!“.
Festivalstalker: Absolut scheiße, ja.
Joshi: Alles schon erlebt.

Festivalstalker: Ihr feiert dann ja auch dieses Jahr ausgiebig euren 25. Bandgeburtstag ..
Joshi: Jawohl! *grinst*
Festivalstalker: … mit Zebrahead als Vorband, was ich auch sehr cool finde! Und es ist im Grunde ja eure Silberhochzeit mit der Band. Fühlt es sich denn auch danach an?
Joshi: Ja, klar! Also, ich mein, wir machen das seit 25 Jahren. Mein Bruder ist ja dann leider ausgestiegen, weil er jetzt in die USA ausgewandert ist im Grunde. Und ich bin einfach jeden Tag sehr sehr glücklich, dass wir das machen können, was wir lieben. Das ist glaub ich ein Riesen-Geschenk, dass wir immer noch zusammen auf Tour gehen können, dass ich von dieser Band meine Miete bezahle und wir können einfach machen, was wir wollen. Wenn wir sagen wir wollen in Israel auf Tour gehen, dann gehen wir in Israel auf Tour. Wenn wir sagen wir wollen in Japan auf Tour gehen, *zuckt mit den Achseln* mach ich klar das wir in Japan auf Tour gehen. Was ist das für ein Glück! Ich denk‘ immer das ist im Grunde was, was Punkrock uns geschenkt hat, was zu uns kam. Und das ist doch fantastisch. Stell‘ dir vor, wir hätten damals nicht angefangen diese Musik zu hören, dann – Oh Gott! – vielleicht wäre ich jetzt Architekt, oder was weiß ich! Polizist! *beide lachen* Da bin ich schon sehr froh, dass wir angefangen haben die richtige Musik zu Hören und wir fühlen uns da immer noch sehr sehr wohl und für mich ist immer noch jedes Konzert, was wir spielen, wahnsinnig krass und wahnsinnig aufregend und ich hoffe das dies‘ Gefühl nie aufhört.

Festivalstalker: Im Diskurs um ZSK taucht auch immer wieder der Vorwurf des Punkverrats auf und ihr habt ja auch auf „Herz für die Sache“ sogar einem Song darüber thematisiert. Was denkst du warum ausgerechnet ihr so polarisiert?
Joshi: Ooch, ich glaub nicht, dass nur wir so *lacht* Vorwürfe abkriegen! Wir reden ja auch mit vielen Bands, wir kennen das ja. Also die Toten Hosen wurden ja Jahrzehnte lang beschimpft und so, aus der Punk-Szene für Kommerzialisierung oder Punkverrat, wie man es nennen will. Alle Bands kennen das, die so aus der Richtung Punkszene kommen. Also ich kann damit inzwischen wirklich sehr gut leben. Also, um es kurz zu machen, es ist mir so komplett scheißegal! *grinst* Weisste? Wenn du unsere Musik nicht magst, wenn du es blöd findest, komm nicht zum Konzert – fertig! Ich werd‘ niemandem erklären, wie er Punk zu machen hat oder nicht. Und aus meiner Sicht, wir haben immer noch sehr faire Konzertpreise, wir machen sehr viele Sachen korrekt und ich versteh‘, dass für jemanden der immer nur 5€ für’n Konzert im besetzten Haus zahlt, dass der das scheiße findet wenn er bei uns 25€ zahlen muss. Ist okay! Also, kann ich gut mit leben.

Festivalstalker: 2022 war ja nun nicht das beste Jahr…
Joshi: Jahaha! *beide lachen*
Festivalstalker: … was würdest du dir für 2023 denn wünschen, dass es ein besseres Jahr wird?
Joshi: Oh mann! Also Konzerte konnten wir ja zum Glück letztes Jahr schon spielen, also für dieses Jahr würde ich mir einfach wünschen, dass dieser ganze furchtbare Rechtsruck in Europa und auch in Deutschland zurückgedrängt wird, das würde mich sehr sehr freuen. Dass der Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine endlich aufhört und die Russen sich endlich zurückziehen, würde mich sehr freuen. Und dass die ganzen verrückten Coronaleugner und Verschwörungsideologen die so krass gerade abrutschen und sich radikalisieren, dass da ’n paar Leute wieder zu Verstand kommen, das fänd‘ ich auch sehr gut. Aber alles was ich mir wünsche wird schon schwierig in der Umsetzung, fürchte ich *grinst*. Aber wir arbeiten dran!

Festivalstalker: Gut, dann hätte ich zum Abschluss noch eine etwas andere Frage.
Joshi: Ouh, jetzt kommt’s!
Festivalstalker: Du bist ja bestimmt auch selbst Fan von anderen Bands und Musikern. Mit wem würdest du denn, egal ob lebendig oder tot, gerne Mal zusammen auf der Bühne stehen?
Joshi: Ehm… Iggy Pop finde ich großartig! Das neue Album kam ja grad. Richtig krasser Typ! Find‘ ich wirklich ’ne hochfaszinierende Person, der hat alles erlebt, diesen Wahnsinns-Song „The Passenger“ geschrieben, in Berlin, wo wir herkommen. Den spielen wir auch ab und zu live, einfach weil’s geil ist. Also das fänd‘ ich schon cool und sonst natürlich mit Rancid mal spielen, wäre großartig! Ich bin ’n großer Fan, ich liebe die Band sehr. Also das wäre ’n gutes Setting! Erst wir, dann Rancid und dann Iggy Pop und wir spielen alle zusammen noch am Ende einen Song – Oh! Das wär’s! *lächelt glücklich*
Festivalstalker: Wirklich cool.
Joshi: Das wünsch‘ ich mir für ’23! Die spielen in Berlin, ich geh‘ hin! Ich hab mal Lars Frederiksen durch Zufall getroffen, das war ganz witzig. Ich war im SO36, in Berlin, beim Toten Hosen Konzert und danach war ich bei der Party im Backstage und ich geh die eine Tür rein, um mir Bier zu holen, steht Lars Frederiksen vor mir und ich so *mimt Schockstarre* „Oh, Hallo!“ Ich hab dann so ganz peinlich gesagt so: „Ja! Ich hab auch ’ne Band!“ Und er so: „Ja, wie heißt die?“ „Ja, ZSK und er so „Oh ja, die kenn ich! Ich seh öfter Poster wenn ich in Europa auf Tour bin.“ Und ich so: „Ah ja okay.“ *wird leiser*. Später hab ich ihm dann ein paar Schallplatten abgekauft. Er verkauft ja manchmal so sehr krasse Raritäten, hab ich ihm ’ne super coole bunte Sick of It All-Platte abgekauft. … Egal! Ich schweife ab! *grinst*

Festivalstalker: Du kannst gerne abschweifen, denn das waren schon alle Fragen.
Joshi: Cool! Vielen Dank, das hat sehr viel Spaß gemacht!
Festivalstalker: Ich danke dir auch!

Wenn du es jetzt gar nicht mehr erwarten kannst das neue ZSK Album „Hass↯Liebe“ zu Hören, check hier einmal unsere Review dazu aus!