Tobias Sammet’s AVANTASIA veröffentlichten am 21. Oktober 2022 ihr neues Album „A Paranormal Evening with the Moonflower Society“. Dies haben wir zum Anlass genommen Tobias Sammet ein paar Fragen rund um’s Album zu stellen.
Festivalstalker: Moin Tobias, alles gut bei dir?
Tobias Sammet: Es könnte nicht besser sein, vielen Dank! Ich habe ein neues Album am Start, mit dem ich sehr glücklich bin und auch das erste Feedback der Fans ist überwältigend. Dass viele Fans bei meinem insgesamt inzwischen 19. Album sagen, dass es zu meinem Stärksten gehören könnte, ist nicht selbstverständlich. Diese Begeisterung gibt mir unheimlich viel Kraft. Ja, bei mir ist alles sehr gut gerade.
Festivalstalker: Am 21. Oktober 2022 erschien das neue Album „A Paranormal Evening with the Moonflower Society“. Bist du schon aufgeregt?
Tobias Sammet: Aufgeregt ist das falsche Wort, man freut sich natürlich darüber, dass man endlich mit einem Werk, an dem man über zwei Jahre gearbeitet hat, abschließen und es loslassen kann. Natürlich wächst einem ein eigenes Album, gerade wenn es so persönlich ist, auch extrem ans Herz. Und dann hat man immer ein bisschen das ungute Gefühl, ein schützenswertes Wesen jetzt auch irgendwie den Löwen zum Fraß vor zu werfen und es der Bewertung da draußen auszusetzen. Aber grundsätzlich bin ich nicht mehr wirklich aufgeregt.
Festivalstalker: Das Album ist während der Corona-Pandemie entstanden und aufgenommen worden. Inwieweit hat sich dadurch die Arbeit am Album verändert, im Vergleich zu den vorherigen Alben?
Tobias Sammet: Ich hatte mir kurz vor Pandemiebeginn noch mein Studio aufwendig umbauen lassen. Zwar dachte ich zunächst, als das Musikbusiness komplett vor die Hunde ging, dass ich mir diesen Aufwand auch hätte sparen können, aber schon bald stellte sich die neue Umgebung als Segen heraus. Schließlich war ich wie alle anderen auch irgendwie eingesperrt, hatte mir aber einen Rückzugsort geschaffen, der mich in meiner Arbeit versinken ließ. Ich konnte so die Welt da draußen ausblenden und sehr intensiv und auch ohne Zeitdruck an Kleinigkeiten und Details arbeiten, die ich früher vielleicht auch aus Zeitgründen an andere übergeben hatte. Ich sang wieder stundenlang aus Freude, probierte altes Equipment aus und erarbeitete Demos zum Teil komplett von Anfang an bis zum fast fertigen Song-Arrangement in meiner Isolation, bevor es jemand anders zu Ohren bekam. Das machte das Album zu einer sehr persönlichen Angelegenheit. Mein Co-Produzent und Partner in Crime, Sascha Paeth, meinte über das Album, dass mehr Tobias Sammet drin steckt, als jemals zuvor.
Festivalstalker: Auf eurer Website schreibst du, dass „A Paranormal Evening with the Moonflower Society“ sehr nah an deiner ursprünglichen, künstlerischen Vision ist. Wie definierst du diese?
Tobias Sammet: Naja, in der Vergangenheit war das schon auch alles nah an meinen Vorstellungen, sonst hätte ich die Alben nicht so abgegeben. Aber ich habe diese Songs auf dem neuen Album so weit im Detail ausgearbeitet, dass sie in den Grundzügen schon ziemlich fertig waren und die Demos bereits sehr nah an dem lagen, was nachher auf dem fertigen Album zu hören war, bevor Sascha sie erstmals zu hören bekam.
Festivalstalker: Du hast auch schon mal deine Alben als jeweils eine Art von Reise benannt. Auf welche Reise schickt uns denn „A Paranormal Evening with the Moonflower Society“ ?
Tobias Sammet: Das Album setzt sich mit dem Ausweichen vor Erwartungen auseinander und bietet mir und hoffentlich auch dem Hörer Eskapismus, wobei Eskapismus für mich nicht mit dem Davonlaufen vor der Realität einhergeht. Es ist eher das Eintauchen in andere, imaginäre Welten, die für mich aber tatsächlich ein ganz realistischer Anbau an die Welt der Ellbogen und Arschgeigen da draußen ist. Meine Fantasie gehört zu meiner Lebenswirklichkeit. Ich nehme die Hörer in diese fantastische Welt mit und erzähle dort mit jedem Song eine eigene Geschichte, bzw. schaffe voneinander unabhängig funktionierende Bilder und Szenen, die aber doch zusammen Teil eines größeren Ganzen sind. Es ist ein Trip wie durch das Kaninchenloch bei Alice im Wunderland, nur dass meine Welt vielleicht etwas dunkler ist und im Mondschein liegt.
Festivalstalker: Was steckt hinter dem Titel „A Paranormal Evening with the Moonflower Society“?
Tobias Sammet: Das Album ist wie ein Besuch in einem magischen Theater angelegt, dessen Protagonisten den Hörer aus dem grellen Licht des Alltags in eine Welt zieht, in der es Raum für diejenigen gibt, die vielleicht im Alltag etwas an den Rand gedrängt werden oder durch das Raster fallen. Mondblumen sind Blumen, die sich dann öffnen und entfalten, wenn die Welt sich abdunkelt und einschläft. Dann kommen die wundervollen Kreaturen zum Vorschein, die vielleicht auf den ersten Blick bei Tageslicht nicht ihren Platz finden, weil sie nicht den Erwartungen entsprechen können, die man ihnen da draußen entgegenbringt. Das gilt für mich und viele meiner Kollegen, aber auf einer anderen Ebene wollte ich auch den Geistern und Inspirationen einen Namen geben, die mich in eine andere Welt führen, wenn ich abends in meinem Studio kreativ werde. Und schlussendlich sind es auch die Wesenheiten, die meine Songs bevölkern und den Hörer auf eine nächtliche Reise in eine andere Welt mitnehmen.
Festivalstalker: Ebenso liest man auf der Website, dass das Album die besten Gast-Beiträge beinhaltet. Welcher Gast-Beitrag hat dich besonders begeistert?
Tobias Sammet: Das kann ich so nicht sagen. Wenn du mit all diesen wunderbaren Leuten arbeitest, mit einigen der größten Sängerinnen und Sänger ihres jeweiligen Fachs, dann ist Begeisterung quasi in allen Belangen vorprogrammiert. Ich bin selbst Fan, ich bin mit diesen Leuten aufgewachsen, viele sind Idole von mir, und dementsprechend ist es ein Traum, dass sie mir als Teil meiner musikalischen Familie dabei helfen, meine Songideen zum Leben zu erwecken. Ich bin sowohl mit den Beiträgen der „alten Bekannten“ sehr glücklich, als auch mit den beiden neuen, Floor Jansen und Ralf Scheepers. Alle haben einen sehr geilen Job gemacht.
Festivalstalker: Wurden alle Songs von dir, Tobias, selbst geschrieben? Und wie sieht bei dir der typische Songwriting-Prozess aus?
Tobias Sammet: Ja, das sind alles Songs von mir, für mich ist Songwriting viel mehr Therapie als sonst etwas. Ich mache das in erster Linie für mich selbst, auch wenn ich die Platten natürlich nachher verkaufen und mit der Öffentlichkeit teilen und Geld einspielen muss, damit ich auch in Zukunft in Ruhe weiter meiner Leidenschaft nachgehen und die Sachen auf diesem Niveau umsetzen darf. Einen typischen Prozess gibt es nicht, da ich versuche, die Dinge einfach laufen zu lassen und meiner Intuition – oft auch mit spontanen Wendungen – zu folgen, weswegen ich den Prozess nicht selbst analysiere. Ich halte permanent Ideen fest, sitze am Klavier und lasse meinen Gefühlen freien Lauf, und ich halte dann gegebenenfalls Momente und Harmonien fest. Manchmal sitze ich auch im Auto oder liege im Bett und habe eine Idee. Das halte ich alles fest, und wenn mir der Sinn danach steht, arbeite ich es aus. Dabei fügen sich Musik und Textideen irgendwie zusammen. Ich glaube auch, dass man unterbewusst immer irgendwie kreativ ist, und es sich eben dann nur manchmal zu Stoßzeiten in Form von dem, was wir Einfälle nennen, an der Oberfläche manifestiert und raus will. Ab einem bestimmten Punkt kommt dann Ausarbeitung und Umsetzung, da greift man dann auf Erfahrung und Automatismen, auf das Rüstzeug eines Musikproduzenten und Musikers zurück.
Festivalstalker: Zuletzt mussten einige Künstler ihren Touren (erneut) absagen oder verschieben. Ebenso erging es dem Nine Lives Festival auf dem ihr spielen solltet. Ist zu dem Album auch eine Tour geplant und denkt ihr, dass diese dann ganz normal stattfinden kann?
Tobias Sammet: Ich bin im Moment nicht sicher, in welcher Form wir das Album live promoten werden, weil sich das Musikbusiness in den letzten zwei Jahren enorm verändert hat. Ich möchte nicht eine Tour planen und die dann verschieben, das heißt, wir werden mit Augenmaß vorsichtig ausgewählte Konzerte planen, die will ich aber dann eben auch durchziehen. Wir werden das Album sicher live promoten, aber ich halte es derzeit für unwahrscheinlich, dass wir 10 Wochen am Stück Hallenkonzerte um den Globus spielen, wie das vor der Pandemie möglich war. Wir werden sehen, wie wir das am besten umsetzen.
Festivalstalker: Spaßige Schluss-Frage: Welche Frage würdest du gern mal im Interview gestellt bekommen?
Tobias Sammet: Eigentlich wurde ich fast alles schon gefragt, aber ich hoffe immer noch, dass ich irgendwann mal die Frage gestellt bekomme: „Sag mal Tobi, wie fühlt es sich an, jetzt an sieben aufeinanderfolgenden Abenden den Madison Square Garden in New York ausverkauft zu haben?“ Bislang habe ich noch keinen Grund geliefert, mir diese Frage zu stellen, ich muss da wohl noch etwas härter arbeiten, haha!
Danke für das Interview. Wir waren schon sehr gespannt auf das neue Album.
Das Album „A Paranormal Evening with the Moonflower Society“ könnt ihr euch hier noch bestellen.