Ich habe mich am 15.Oktober 2019 mit Xavi zu einem Interview getroffen.
Im Rahmen seiner Analoge Liebe Tour hat er in Hamburg im Bahnhof Pauli ein Konzert gespielt und wir hatten die Möglichkeit vorher mit ihm zu sprechen und zu erfahren, was Analoge Liebe bedeutet. Das war bei weitem nicht alles, aber da wollen wir euch nichts vorwegnehmen. Lest selbst!
Laura: Moin Xavi, cool dass du dir Zeit für uns nimmst. Wann hast du angefangen Musik zu machen und wie sahen diese Anfänge aus?
Xavi: Mit sechs Jahren habe ich angefangen Klavierunterricht zu nehmen, aber das war eher klassisch. Dann habe ich immer am Klavier Stücke improvisiert, aber zu dem Zeitpunkt wollte ich noch Fußballprofi werden. Es war noch nicht klar, dass ich Musik machen werde und der Schalter hat sich umgelegt als ich 16 Jahre alt war. Da war ich in Australien und war surfen, habe Jack Johnson gehört und die Akustikgitarre für mich entdeckt. Als ich nach Hause kam habe ich angefangen Gitarre zu spielen und mich ins Zimmer eingeschlossen und Songs geschrieben.
Laura: Das klingt cool. Und wie lange warst du in Australien?
Xavi: Knapp ein halbes Jahr, nicht ganz, fünf Monate etwa. Das war in der 10. Klasse 2007, das ist ganz schön lange her.
Laura: Hättest du dir vorstellen können dort zu bleiben oder war der Wunsch schon stark wieder zurückzukommen?
Xavi: Mich zieht es auf jeden Fall schon sehr ans Meer, da fühle ich mich sehr wohl und doch bin ich da leider viel zu selten. Deswegen hätte ich mir schon vorstellen können da auch länger zu bleiben. Für immer weiß ich jetzt nicht, weil ich das Land dafür nicht gut genug kenne.
Laura: Du hast auch mal gesagt, dass es dir anfangs nicht so leicht fiel auf deutsch Musik zu machen, gerade Songs zu schreiben fiel dir schwerer. Ist das heute immer noch so oder hat sich das mit der Zeit verbessert?
Xavi: Es fällt mir mittlerweile auf jeden Fall leichter. Am Anfang habe ich nur auf englisch Musik gemacht und der Umstieg war schon ziemlich hart, weil ich selber auf Melodien komme und die deutsche Sprache manchmal ziemlich hart klingen kann im Vergleich zur englischen. Die englische Sprache ist weicher und flowt irgendwie mehr. Das war am Anfang richtig schwierig, aber mittlerweile habe ich sie lieben gelernt und jetzt läuft das alles viel besser. Man hat jetzt natürlich eine emotionale Ebene mehr durch die Muttersprache und kann vor allem textlich direkt Menschen berühren. Ich finds textlich immer noch schwerer, aber wenn man dann mal einen Song hat, bei dem der Text genau das aussagt was man möchte, kommt das bei weitem nicht an einen englischen Song ran. Vieles könnte ich in einem englischen Song nicht emotional rüberbringen.
Laura: Der Drang zum Analogen ist bei dir ziemlich stark vorhanden und du sagst „weniger ist mehr“, was genau meinst du damit und wo spürst du das am stärksten?
Xavi: Ich war vom Typ glaube ich nie einer der viel gepostet hat. Damals, vor allem als Facebook so groß wurde, war ich natürlich angemeldet, aber habe nie etwas gepostet. Ich war nie so in der Generation drin und habe das dann im Laufe meiner Musikkarriere mitbekommen, dass es total sinnvoll ist sich darüber mit Fans zu connecten, Content zu liefern, sich ein Netzwerk aufzubauen und was zu posten. Es ist ein Fluch und Segen zugleich. Manchmal ist es etwas hart, weil es mir einfach nicht im Blut liegt und ich fühle mich oft dazu gezwungen an mein Handy zu gehen. Und als Ausgleich dazu brauche ich diese analogen Momente, in denen man einfach mal das Handy weglegt wenn man mit Freunden unterwegs ist.
Laura: Was beeinflusst deine Musik, was macht sie aus?
Xavi: Ich glaube in meiner Musik geht es viel um kleine Momente zwischendrin, nicht von vornerein um ganz große Themen. Die Stärke der Emotionalität liegt meist in Momentaufnahmen, die durch große Emotionen gefüllt sind und das spürt man in meinen Songs.
Laura: Wenn du die Wahl hättest eine Band oder einen Künstler auf eine große Europatour zu begleiten – welche wäre das wenn du frei entscheiden dürftest?
Xavi: Ich bin da etwas zwiegespalten was das angeht. Auf der einen Seite bin ich was Hip Hop angeht ein riesen Drake Fan, aber auch gerade für Live Musik Coldplay, Kings of Leon. Wahrscheinlich wäre es Coldplay, die machen einfach eine krasse Live Show.
Laura: Hattest du mal ein peinliches Erlebnis auf der Bühne oder ein besonders schönes?
Xavi: Oh, was war denn peinlich? Ich glaube zum Glück bisher nicht. So richtig peinlich nicht, es ist eher gut ausgegangen und war dann eher witzig. Mein Bassist hat mir einmal, als ich eine ganz emotionale Nummer gespielt habe, meine Gitarre aus Versehen ausgeschaltet und da war sie auf einmal weg. Ich habe mich gewundert was abgeht und warum das Signal weg war und habe lange gesucht und geguckt. Die Zuschauer wussten auch nicht was abgeht, das war etwas peinlich. Mein schönster Moment: Da ich gerade auf Tour bin sind die Ereignisse momentan natürlich sehr präsent. Ich war letztens in Stuttgart, in der Nähe meiner Heimat, und da waren ganz viele Familienmitglieder und Freunde da. Das war schön und krass. Bei dem Konzert bin ich auch wieder mit der Akustikgitarre ins Publikum rein, wir haben einen Kreis gemacht, in dem ich dann einen Song performt habe. Da habe ich fremde Leute gesehen, aber auch die Familie und es war ein schöner Moment.
Laura: Gibt es Sachen, die du heute anders machen würdest als früher?
Xavi: Ich glaube ich war vor allem früher sehr perfektionistisch, das bin ich immer noch etwas, aber nicht mehr so verbissen. Heute versuche ich etwas mehr im Flow zu bleiben. Vor einem Jahr noch war ich sehr kleinlich und musste z.B meine Vocals selber editieren und konnte das keinen anderen machen lassen und habe mich dafür zwei Tage im Studio eingeschlossen und kleinlich editiert. Was im Endeffekt ein wenig die Emotionen rausnimmt und zu glatt wird. Jetzt bin ich an einem Punkt, an dem ich das eher fließen lasse und es natürlich kommen lasse.
Laura: Wo sieht man die stärksten Veränderungen in deiner Musik zu damals? Du hast ja früher auch Straßenmusik gemacht.
Xavi: Ja, wir haben viel ausprobiert und es hat seine Zeit gebraucht bis ich genau wusste wo ich soundlich hinmöchte. Wir haben lange gesucht und es war zu Beginn sehr produktionslastig und Hip Hop-mäßig. Dann wurde es fast schon pop-rockig und jetzt habe ich für mich ein schönes Zwischending gefunden. Auf der einen Seite komme ich vom Singer- & Songwriter, also einfach nur echte Instrumente, Gitarre und Klavier, auf der anderen Seite mag ich es auch wenn mal ein Beat kommt. Diese Symbiose ist gerade ganz schön für mich.
Laura: Worauf dürfen sich die Fans heute Abend freuen?
Xavi: Die Fans dürfen sich auf eine tolle Show freuen. Ich freue mich mega und bin mega happy, das ist jetzt der sechste Tourstop. Es macht so Bock und man hat mittlerweile eine gute Sicherheit, dass es den Leuten gefällt und mit jedem Konzert geht man noch unbefänglicher rein. Mit meiner Band wird es heute eine richtig gute losgelöste Show.
Und auch nach dem Interview ging der tolle Abend weiter. Ich durfte noch mit einer Freundin zu dem Konzert.
Wie ihr ja schon erfahren habt, fand das Konzert im Bahnhof Pauli statt. Die Location hat tatsächlich den Flair eines U-Bahnhofs und wir haben uns gefragt, ob sie vielleicht sogar mal einer war. Die Wände sind abgerundet und mit gelben Fliesen bestückt. Daneben befand sich die Bühne, gar nicht mal so klein. Eingeleitet hat das Konzert Marie Bothmer und sie hat gut auf die Show vorbereitet.
Als Xavi dann auf die Bühne kam war der Jubel groß. Es war endlich so weit und die Fans haben sich lange darauf gefreut. Mit ruhigen aber auch schnelleren Songs hat er das Publikum begeistert.
Ein ganz besonderer Moment war, als er mit der Akustikgitarre zum Publikum runterging und sich ein Kreis gebildet hat, in dem er gespielt hat. Die Lichter der Scheinwerfer wurden dunkler und fokussierten sich auf den Kreis. Und auch das Publikum machte die Taschenlampen der Handys an oder, ganz altmodisch und analog, mitgebrachte Feuerzeuge. Hier wurde uns die Liebe zum Analogen besonders deutlich und auch für uns beide war das ein schöner Moment. Analoge Liebe heißt auch der neue von Xavi, den er natürlich gespielt hat.
Während des ganzen Konzerts haben wir selten Handys über den Köpfen der Konzertbesucher gesehen, es sei denn es wurde gefordert etwas Licht zu machen. Für uns schon ein etwas ungewöhnlicher Anblick, der aber umso schöner war – wir waren positiv überrascht und finden auch, dass man so noch viel mehr wahrnimmt und Momente wirklich genießen kann. Was bringt es einem sich das Konzert hinterher vom Handy aus anzuschauen, wenn man es im richtigen Moment nicht erlebt hat? Die Fans waren textsicher und hatten durchweg ein Grinsen im Gesicht. Es wurde getanzt und gelacht, so stellt man sich ein tolles Konzert vor.
Vielen Dank für die Möglichkeit vorher mit dir zu quatschen und das unvergessliche Konzert!