„MACHETE DANCE CLUB – KILL THE VIBE“ (21.1.2022) Album-Review
Vorwort:
Wer bei dem Wort „Machete“ an Danny Trejos ikonische Rolle im gleichnamigen Film, oder an sein präferiertes „Schneide-Werkzeug“ denken muss, fehlt nur teilweise, denn auch wenn „Machete Dance Club“ nichts mit großen, auf-trainierten und fröhlich vor sich hin mordenden Irren zu tun hat, so ist ihr Sound, welchen sie selbst als „Crossover 2.0“ bezeichnen, zweifelsohne scharf wie eine Rasierklinge und lässt eine jede Machete einfach wie ein harmloses Plastikmesser wirken. Aber wer oder was ist denn jetzt „Machete Dance Club“?
Die 2018 gegründete Band setzt sich aus „Chris Konrad (Gesang), Leo Meuer (Gitarre/Synth), Phil Zimmermann (Bass/Backing Vox) und Tobi Jordan (Drums)“ zusammen und setze sich von Anfang an zum Ziel „Alternative Rock mit Metal und Funk“ zu kombinieren. Ihre erste Single erschien noch im Jahr der Bandgründung, trägt den Titel „Love You“ und erinnert ein wenig an eine Mischung aus „30 Seconds to Mars, Papa Roach und die aktuellen Bring me the Horizon Geschichten“. Man erkennt schon hier die hohe Qualität der Arbeit der 4 Musiker. Im Folgejahr erschien die erste EP „A Trip Outta Hell into Heaven and Back“ auf welcher sich die Band schon deutlich gereift und mit individuellerem Sound zeigt. Electronic meets Djent-Gitarren, bomben Rhythmus und wahnsinnig hookige, teils Metalige Vocals. Die Geburtsstunde des „Crossover 2.0“. Zahlreiche Shows, einige Touren und ausgebremst durch eine Pandemie später, kommen „MDC“ nun mit ihrem lang erwarteten Debüt-Album „Kill the Vibe“ (21.1.2022) um die Ecke und dieses Werk nehmen wir jetzt mal zusammen genauer unter die Lupe.
Review:
Im schicken 6 Seitigen Digipack kommt „Kill the Vibe“, handsigniert bei mir an und landet sofort im CD-Player. Softtouch-Lack, ein geiles Design welches mit Graustufen und knalligen Farben arbeitet und dabei einen „Used-Look“ imitiert… wunderschön gemacht. Schon die ganze Aufmachung des Albums vermittelt den „Vibe“ der kommenden 10 Tracks. Also aufgedreht und los geht’s!
Moderne und sphärische Synthesizer-Klänge geben zusammen mit „Hi-Cut-Drums“ den Auftakt zum Opener „Get Laid in a Marching Band“, welcher einem kurz darauf erst mal eine ordentliche Portion Metal um die Ohren ballert. Hier hört man auch sofort die Qualität der Produktion, welche sich definitiv hören lassen kann. Nach dem wir die Wand an Sound die da auf uns zukommt kennengelernt haben, setzt Chris mit seinem Gesang ein und der Song zeigt sich ohne Gitarren und Synths klar reduzierter und macht damit Platz für den Gesang. Die Drum-Akzente, sowie auch die eine Oktave tiefere Zweitstimme gefallen mir hier besonders gut. Klassisch, aber dennoch gekonnt, baut die Nummer dann Stück für Stück wieder auf, hält kurz in einem Synth-Part inne und springt in den Chorus. HOOKALERT!!! „That’s what you get when you’re starting a band, That’s what you , That’s what you get“, erzählt der Track von den gravierenden Unterschieden zwischen dem Wunschgedanken Musiker zu werden und dem was es einem in der Realität tatsächlich abverlangt. Ehrlich, Authentisch und Fett! Rundes Ding!
Weiter gehts mit „FunnyOnline“ und spätestens jetzt wird klar, dass hier Ehrlichkeit und Authentizität einen hohen Stellenwert genießen und quasi zur DNA der Band gehören. Der Song ist Chris’ Statement zur aktuellen Zeit im Bereich „Social Media“ und räumt zeitgleich mit seiner Vergangenheit auf. Vom kleinen, netten und stillen Jungen, hin zu der Erkenntnis und Bereitschaft zu sich selbst zu stehen, egal was Andere davon halten. Er kritisiert dabei den mangelnden Respekt und die mangelnde Empathie im Umgang mit unseren Mitmenschen wenn wir bspw. versuchen unsere Beliebtheit im Netz zu steigern und, dass das dabei nur zu oft auf Kosten anderer passiert ohne die möglichen Konsequenzen bedacht zu haben. CHAPEAU! Wichtiges Thema und geil umgesetzt!Instrumentell kommt die Nummer, wie auch der Opener, bockstark daher. Synthesizer im Intro und ein moderner und stimmungsvoller Metal-Einstieg. Klar im Mid-Tempo verankert, treibt der Song aber gleich viel mehr als der Opener und untermalt die „Aufbruch-Ins-Neuland“ Stimmung sehr passend. Die instrumentelle Arbeit klingt absolut stimmig, hat eine perfekte Dynamik und sorgt dafür, dass einem zu keiner Sekunde des Songs langweilig wird. Darüber hinaus gefällt mir besonders gut, wie bereits in den aufbauenden Passagen des Tracks immer wieder die „Hook“ durchblitzt. Und verdammt ICH LIEBE DIESE HOOK!
Was macht man wenn wenn es dunkel wird? Richtig! „Light it up, Light it Up, Light it Up“. Mit diesen Worten startet der Titelsong der LP „Kill the Vibe“ und eröffnet gleich mal mit dem Chorus. Und Zack, endlich ist er da, der „4 on the Floor-Stampfer“ auf den ich speziell bei diesem Sound immer warte weil er sich so sehr anbietet. Und schon wird genickt, dass die Haare… naja eigentlich fliegt bei mir nur das Cap, aber das dafür wie wild. Die Message des Songs ist auf „Stimmung“ ausgelegt. Es geht darum den „Flow“ nicht zu unterbrechen und „vereint“ den Moment zu leben. Eine textlich und instrumental perfekt inszenierte Nummer für Live-Shows. Im Subtext glaube ich eine Anspielung auf die aktuellen Schwierigkeiten in der Veranstaltungsbranche zu erkennen. Denn hinter Textabschnitten wie: „there’s no party without us“ und „Don’t you dare to kill the Vibe“, könnte man auch einen Appell an die Politik vermuten der aber sehr rund und stimmig in eine einheizende Live-Hymne verpackt daher kommt und wirklich jeden Kopf vor der Bühne oder den Boxen im Tackt mitwippen lässt. Das ganze wird noch durch sehr rhythmische Gitarren und Breakdown-ähnliche Passagen abgerundet und baut zwischendrin immer wieder Spannung auf indem außer den Synths und dezenten „Cuted-Drums“ einfach mal alles wegfällt. Absolut zu Recht, ist das eine der Singles der LP.
Stück für Stück arbeiten wir uns voran und der nächste Track ist eine neue Version des 2019 veröffentlichten Songs „Cheap Motel“. Diesmal aber als Featuring mit dem ehemaligen „Annisokay-Shouter“ „Dave Grunewald“. Diese Nummer zeigt sehr klar die Funk-Dient-Synth-Verbidnung der Band und bringt durch die Einbindung eines Gastmusiker den Metal-Touch speziell zum Ende des Songs nochmal etwas mehr zur Geltung. Allerdings muss ich gestehen, dass mich dieser Track bisher am wenigsten abholt und ich bemerke wie sehr sich MDC seit dieser Single weiterentwickelt haben. Deswegen ist der Song Handwerklich dennoch einwandfrei.
Weiter geht’s mit einem meiner persönlichen Lieblingssongs der LP „Friendship“. Die Nummer erzählt die Geschichte von zwei besten Freunden und davon wie sich ineinander verlieben, sich ihre Liebe gestehen und zusammen dazu entscheiden die Freundschaft aufs Spiel zu setzen um ihre Liebe leben zu können. Wie wunderbar poetisch geschrieben und instrumentell an aktuelle Songs von „Bring me the Horizon“ erinnernd. Eine leicht melancholisch, tragende Stimmung untermalt die Story sehr passend. Auch der abwechselnde Einsatz von Brust- und Kopfstimme im Gesang spiegelt die Emotion und Verletzlichkeit der beiden Liebenden fast so wieder, als würde Chris hier seine eigene Story erzählen. Die Hook „let’s fuck up the friendship“ brennt sich durch ihre ständige Wiederholung einfach wie ein Tattoo in euer Trommelfell und fühlt sich dabei wie ein angenehmer Dauergast an. „REPEAT THE TRACK“! Sehr geile Arbeit!
Jetzt, da wir gerade die Freundschaft in den Sand gesetzt haben, dadurch aber glücklich verliebt sind, gibt es keinerlei Verwendung für unsere „Bad Mood“. Dennoch lautet so der Titel des nächsten Songs, welcher zeitgleich auch eine der Singleauskopplungen ist und hält uns mal eben vor Augen wie diese Story mit der Liebe eben nicht laufen sollte. Der Track kommt frisch und modern um die Ecke und startet, anders als die Vorgänger, mal nicht elektronisch, sondern geht sofort mit einem Rock-Metal-Vibe los. Im Verse wird’s groovy und die Vocals erinnern mich teils an „Fallout Boy“. Was keinesfalls negativ zu verstehen ist. Die Gitarrenarbeit und die allgemeine Struktur des Songs gefallen mir hier besonders gut. Auch die Hook ist wieder einsame Spitzenklasse und wie bei allen Tracks arbeiten die Instrumentalisten alle in einer grandiosen Symbiose zusammen.
Etwas mehr im Rap beheimatet und weniger dynamisch geht es dann mit „SuperUser“ weiter und erinnert dabei an eine interessante Mischung aus „Daft Punk, Falling from Reverse und hier und da ein paar Einschlägen von ganz klaren „Fred Durst“ inspirierten Betonungen“. Moderner Nu-Metal, oder einfach „Crossover 2.0“. Besser kann man es nicht beschreiben.
Wir kommen zur dritten Single „Madness“ und passend zum Namen, gibt’s hier „DeepShit“. Meines Erachtens gestattet Chris hier einen kurzen aber tiefen Einblick in seine persönliche Sicht der Dinge und zeigt damit ein paar der gedanklich-/emotionalen Abgründe die sich oftmals hinter genialen Künstlerischen Werken wie Diesem verbergen, oder besser gesagt diese oftmals erst ermöglichen. Musikalisch fährt der Song weit minimalistischer auf. Die perkussiven Gitarrenparts, werden von stehenden Basslines, sphärischen Synths und offenen Drums hervorragend unterstützt und lassen den Vocals und somit auch der Message des Songs angenehm Raum. Die Hookline „This is Madness“ glänzt und macht den Song eindeutig zu einer Single.
Nachdem sich unser Verstand bereits verabschiedet hat, wird es natürlich Zeit ein paar Zähne einzuschlagen. Nehmen wir also mal „Kick Teeth“ genauer unter die Lupe. Gesellschaftskritik, Melancholie, wahnsinnig eingängige und wunderschöne Gesangspassagen und Harmonien und einer der fettesten, wenn nicht sogar der fetteste Breakdown des Albums erwarten mich in diesem Track und ich habe meinen klaren Favoriten der LP gefunden. Ganz großes Kino! Hier stimmt für mich Alles.
Wir waren in Blaskapellen unterwegs, haben uns über Online-Bullies den Kopf zerbrochen, den „Vibe“ erhalten, in abgeranzten, versifften Horror-Motels genächtigt, eine Freundschaft durch eine Beziehung ersetzt, waren super scheiße drauf, haben uns zum „SuperUser“ erklärt, sind durchgedreht, haben mal kurzerhand jemandem die „Kau-Leiste“ eingeschlagen und wie das nun mal so ist, wenn man auf einem Album mehrere Breakdowns den GÖTTERN DES MOSH-PITS widmet, darf natürlich auch eine kleine Portion Blut nicht fehlen. Deshalb kommen wir mit „First Blood“ zum finalen Track der Debüt von MDC und damit gehen wir nochmal richtig in die Tiefe, denn hier geht es um Machtmissbrauch der Reichen dieser Welt und darum, wie die Gesellschaft einfach wegsieht, wie einige der größten Verbrecher unserer Zeit mit unmenschlichen Taten davon kommen nur weil sie ihre Kontakte spielen lassen. Als Inspiration diente hier offensichtlich „Jeffrey Eppstein“, welcher zu Lebzeiten einen Ring zur sexuellen Ausbeutung Minderjähriger unterhalten hatte und beinahe damit davon gekommen wäre. Schweres, aber wichtiges Thema und musikalisch, so wie der Rest des Albums, einfach erstklassig umgesetzt. Ab der ersten Sekunde wird klar, dass wir am finalen Song angekommen sind. Dramatisch, melancholisch und hart, zeigt sich der finale Appell der vier Münchner und wirkt dabei absolut authentisch. Das China-Becken und die restlichen Drums knallen, die Gitarren zerren, der Bass knurrt und die die Synths erzeugen eine bedrohliche Atmosphäre im Hintergrund während Chris’ Stimme zwischen appellierenden Rap-Parts, wunderschönen, teils skurrilen Hook-Lines und Falsett-Passagen hin und her springt und sich alles zu einem durch und durch stimmigen Gesamtkonzept zusammenfügt. Nach ein paar weiteren harten Klängen und den finalen Worten „you need to tell yourself a lie, to sleep all through the night“ endet die LP und lässt mich kurz in Gedanken zurück.
Fazit:
Wait for it…. Wait for it…. Wait for it… CONCLUSIO!!!
Mit „Kill the Vibe“ haben sich die 4 Jungs von „Machete Dance Club“ ein sehr großes Stück weiterentwickelt und eine Qualitätsstufe erreicht die ohne Probleme auf dem internationalem Markt bestehen kann. Nicht ein einziger der 10 Songs langweilt, oder lässt mich unzufrieden zurück. Das Songwriting ist innovativ, abwechslungsreich und kraftvoll. Lediglich in den elektronischen Intro-Parts hätte ich mir ab und zu einen etwas anderen Aufbau gewünscht, aber das ist wirklich Meckern auf sehr hohem Niveau. Auch instrumentell ist alles auf diesem Album extrem dynamisch und macht einfach nur Bock. Deshalb würde es aber auch den Rahmen einer Review sprengen zu jedem Song eine ausführliche Instrumental-Analyse zu schreiben. So viel sei aber gesagt: Jeder der vier Musiker versteht sein Handwerk bestens und liefert eine hervorragende Arbeit ab.
Einen halben Punkt Abzug gibt es für „Cheap Motel“ welcher trotz seiner kreativen Umsetzung mit Gastmusiker für mich einfach ein wenig den Flow des Albums abschwächt. Dennoch gibt es von mir eine klare Empfehlung für alle Fans des modernen Metal-Electro-Hybrid-Sounds und eine herausragende Wertung mit 9,5 von 10!
CHAPEAU!
Für mehr Infos zur Band, folgt ihnen auf Instagram: @machetedanceclub
Hier geht’s zum aktuellen Video zu „First Blood“!