Mein Rockharz 2023, einfach mal machen (the unsung heroes) – Ein Rückblick aus der Sicht eines Helfers

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Dies wird ein etwas anderer Festival Rückblick, ohne Bands und Party.  – Ein Beitrag von Guido Winkelsträter

Meine Geschichte beginnt völlig unspektakulär am ersten Tag des Vorverkaufs für das ROCKHARZ 2023.

Wir fahren seit vielen Jahren auf dieses kleine, aber feine Festival. Daher war klar, 2023 sind wir mit der ganzen Wuppertaler Truppe wieder vor Ort. Jetzt habe ich aber diesen einen Freund, der beruflich in der Szene viel unterwegs ist, der mich eines Tages fragte: haste nich Bock mal beim ROCKHARZ mitzumachen? Die können qualifizierte Freiwillige sicher gebrauchen und man könnte das ja mal auf der passenden Warm-Up Party in unserem Metal-Wohnzimmer namens Underground mit dem ROCKHARZ Team bequatschen.

Gesagt getan, nach diversen Flaschen des recht süffigen Teufelszeuch und diverser Amon Amarth Bitburger, stand der Plan dieses Jahr auf dem ROCKHARZ mit anzupacken. Die Kommunikation läuft super, der Papierkram auch und so schlage ich bereits am Nachmittag des 26.06.2023 auf dem Verkehrslandeplatz Asmusstedt auf. Diese Erfahrung ist schon mal recht merkwürdig, so leer habe ich den Platz noch nie gesehen.

Wohnmobil abstellen, den ersten Leuten Hallo sagen und schon sitze ich im Crew Bereich an Bierbänken mit knappen drei dutzend Leuten bei einem Bierchen zusammen. Auf den ersten Blick ein ziemlich zusammengewürfelter Haufen, der optisch eher als „alternativ“ statt „Heavy Metal“ zu beschreiben ist. Die Orga ist gut drauf, man kennt sich ja auch schon von der Warm Up Party, daher freue ich mich schon auf den nächsten Tag und die anstehenden Aufgaben.

Mein Rockharz 2023, einfach mal machen (the unsung heroes) - Ein Rückblick aus der Sicht eines Helfers

Tag 1 (Dienstag eine Woche vor dem Einlass) Das Catering für die erste Woche haben Ronnie und Britta übernommen, super sympatisch und den Käsedöner gibt es ja später auch auf dem Festival. Also gut gefrühstückt und dann zur ersten „Einsatzbesprechung“.

Ursprünglich für die Elektrik eingeplant, stellt sich heraus: kein Material, keine Arbeit. Die Bühne ist auch noch nicht da, so rutsche ich in meinem Arbeitseifer (dafür bin ich schließlich da) in den Gastro Bereich zum Mo. Es wurden Pläne gemacht, wie man möglichst viele 50 Liter Bierfässer in die Kühlcontainer an den Getränkeständen stapeln kann. Leider wurden kleinere Container geliefert, als ursprünglich geplant, da wird dann mal schnell umgeplant und improvisiert. Jeder Getränkestand hat zwei Kühlcontainer und einen geschätzten „Umsatz“ von ca. 100 Fässern am Tag.

So vergeht der erste Tag damit, Hunderte Bierfässer in die Container zu stapeln. Und einen zweiten Container mit Cola/Wasser/Red Bull/Schnaps etc. zu befüllen. Das ist schon mal ein würdiger Auftakt und gibt einen Vorgeschmack, wie viel (Wo)Manpower auf so einem Festival so benötigt wird.

Mein Rockharz 2023, einfach mal machen (the unsung heroes) - Ein Rückblick aus der Sicht eines Helfers

Tag 2 vergeht ähnlich. Sattelschlepper mit Fässern entladen, Paletten sortieren und Kühlcontainer bestücken. So langsam kommt ein Teamspirit auf, den ich sonst nur aus meinem früheren Berufsleben kenne.

Jeder packt mit an, Scheißaufgaben werden mit Mehreren erledigt und so kann man zusammen fluchen, lachen und schwitzen. Ja, heiß war es nämlich auch da schon ein bisschen. Auch wenn das dicke Wetter noch kommen sollte.

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An Tag 3, ich bin gerade mit dem Eindrehen der Bodenhülsen im Mutantenstadl beschäftigt (toller Job, muss man mal gemacht haben 🙂 ), kommt auch endlich die Bühne an. Also nix wie ran an die Sattelschlepper und das Material abladen. In meinem jugendlichen Leichtsinn bin ich voller Vorfreude und habe schon eine fette Bühne mit Stars und Publikum vor Augen.

Das Bild gleicht allerdings eher einem riesigen Lego Bausatz, ohne Nummern und mit einem nicht einfach umzusetzenden Plan. Zum Glück haben wir ja Unterstützung durch die Profis, deren Hands uns leider aus Gründen des Arbeitsschutzes direkt wieder verlassen. Somit waren es 9 Leute weniger und die 5 verbliebenen Profis müssen mit uns zurecht kommen. Allerdings sind wir ja nicht komplett ohne Vorbildung, so dass man sich recht schnell eingewöhnt. Was als zaghafte erste Gestänge anfängt, wächst rasch in die Höhe.

Danke nochmal an dieser Stelle an den Erfinder des Laser Messgerätes, ich habe noch tagelang das Piepen auf dem Ohr. Aber irgendwie musste man das Gerüst ja auf ein Niveau bringen. Leider meint es das Wetter nun nicht mehr so gut mit uns und wir stehen fast den ganzen Tag in strömendem Regen. Trotzdem ist die Stimmung ziemlich gut und bis auf ein paar Reibereien läuft die Arbeit wirklich flüssig.

Für mich als ITler ist dies aber völlig fremde Arbeit und ich habe echt zu beißen. Trotz Highlandgames und früherem Training bin ich solche Arbeit überhaupt nicht mehr gewöhnt. Noch dazu von morgens bis abends und nachdem ich ja an den Vortagen schon die 50 Liter Fässer gewuchtet hab. Ohne Werbung machen zu wollen, Frubiase Sport hat mich vor dem Kollaps bewahrt 🙂 Und tatsächlich das Team, die schweren Sachen laufen immer zusammen oder mindestens zu zweit. Am Ende des dritten Tagen läuft das schon Hand in Hand.

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Am 4. Tag, Freitag vor dem Festival, kommen dann die „Deckel“ drauf. Also der spätere Bühnenboden. Gleichzeitig kommt der Kran und hievt die Tower auf die Bühne, an denen später das Dach hochgezogen wird. Parallel werden die Traversen für die Dachkonstruktion zusammengesetzt und die Schienen für die Dachplanen verschraubt. Nachdem man so langsam eingearbeitet ist kein Hexenwerk, aber dennoch schweres Metall. Pünktlich zum Heben des ersten Daches hört dann der Regen auf. Im Harz hatte das Wetter schon immer ein besonderes Timing. Aber ich werde die singenden Tower im Harzer Sturm nie mehr vergessen.

Ab diesem Zeitpunkt verschwimmen auch Wochentage und Uhrzeiten völlig. Es gibt Essen, wenn wir Pause machen und irgendwann eine Dusche und schlafen. Bei den letzten Arbeiten an den FOH Towern fallen mir dann die vielen Autos auf und ich realisiere, dass es bereits Dienstag ist. Wir sind fertig und können einfach mal die Sau rauslassen! Das passiert bei mir mit einer Dusche, 3 Bier und einem warmen Bettchen 🙂

Das Festival (the Show must go on)

Zum Beginn des Festivals übernimmt dann die Bühnencrew vom Mutz die Arbeit auf der Bühne und wir haben verdient ein bisschen Pause. Dachte ich mir so. Jede Nacht, nach Ende des Spielbetriebes, müssen natürlich alle Getränkestände mit neuer Ware versorgt und das Leergut entsorgt werden. Dies stellt sich als überraschend personalintensiv heraus und dauerte auch schon mal bis in den Sonnenaufgang hinein. Dadurch sind tagsüber dann deutlich weniger Gastro Mitarbeiter verfügbar, denn nach so einer Nacht fängt man nicht um 11 Uhr wieder mit der Arbeit an. Also auf die Sauferei geschissen und mit angepackt, muss ja alles irgendwie erledigt werden.

Bis Mittags dann Leergut stapeln und für die Verladung fertig machen, Mittagessen und dann auf Abruf mit der Sackkarre Schnaps, Saft, oder auch mal eine komplette Zapfanlage übers Infield karren. Nebenbei läuft immerhin gute Musik und man hat tatsächlich auch Zeit zwischendurch seine Lieblingsbands zu sehen. Das Team tut was es kann und gegen Abend sind dann auch so langsam alle aus der Nachtschicht wieder da. Ich mache daher Feierabend, schnappe mir ein Bier und suche meine Frau und Freunde, die irgendwo rumgammeln.

Mein Rockharz 2023, einfach mal machen (the unsung heroes) - Ein Rückblick aus der Sicht eines Helfers

Die Stimmung im Team ist bis Freitag auch grundsätzlich gut, alle sind motiviert und sorgen dafür, dass der Laden läuft.

Dann passiert das Undenkbare.

Morgens noch beim Frühstück, verunglückt die Chefin des Catering Teams mit dem Auto und kommt dabei um. Die Nachricht kriecht förmlich durch das Team und es wird sehr ruhig im Crew Bereich. Ab hier laufen viele nur noch im „Show must go on“ Modus. Ich helfe noch Samstag Nacht die Bühnenbauten von Amon Amarth zu verladen (immerhin zwei Sattelschlepper) und bin danach ziemlich erledigt.

Eine Aftershow Party fällt im Grunde aus, auch weil es bereits wieder 4 Uhr morgens ist und es langsam schon hell wird. Dazu warten auf mich im Laufe des Tages auch noch 400km Rückreise nach Hause. Wie emotional der Samstag für alle im Team war, kann man sich vielleicht in der Dankesrede anhören. Ein netter Mensch hat sie mitgeschnitten und ins Netz gestellt. Unglaublich wie Buddy das noch hinbekommen hat.

Mein Rockharz 2023, einfach mal machen (the unsung heroes) - Ein Rückblick aus der Sicht eines Helfers

Mit einer Woche Abstand kann ich sagen, es war ein schönes Festival und die Möglichkeit daran mitzuarbeiten war großartig. Ich habe viele tolle Menschen kennengelernt, die ich im normalen Leben wahrscheinlich nie getroffen hätte. Es hat mir gezeigt wie viel Arbeit und Herzblut in diesem Festival steckt und mit wie viel Engagement sich die Helfer in allen Bereichen einbringen. Diese optimistische Stimmung und die nahezu problemlose Zusammenarbeit schwappt auch auf die Besucher über.

Bei jedem Kontakt spürt man den Spaß, den die Helfer haben. Trotz der Belastung und allen Widrigkeiten. Ich verneige mich vor allen Helfern, von denen man als Gast wenig mitbekommt. Die Ordner, Reinigungskräfte, Kraftfahrer, Schreiner, Elektriker, Rigger, Polizei/ Feuerwehr, Caterer und Strippenzieher, die im Hintergrund solch großartige Festivals möglich machen, und die die wahren Stars auf dem Festivalgelände sind.

Daher möchte ich am Ende auch noch einmal Werbung machen.

Falls jemand Interesse hat speziell das ROCKHARZ zu unterstützen und mit anzupacken, bewerbt euch einfach per Mail an crew@rockharz.com. Je mehr Leute mithelfen, desto einfacher wird die Arbeit. Bei Fragen helfe ich auch gerne entsprechend meiner Möglichkeiten weiter.  

Fotos 1-5: Guido Winkelsträter

Foto 6: Offizielles RHZ Foto