Millennial Punk!

Millennial Punk Key Visual

„Punk wurde Ende der 90er für tot erklärt, dabei ging’s für uns da grad erst richtig los.“ So beginnt die gestern erschienene Doku-Reihe „Millennial Punk“ von ARD und SWR. Wie konnte eine totgeglaubte Subkultur dann doch noch Teil der aktuellen Popkultur werden? Mit diesem Thema haben sich in den letzten Jahren  Nico Hamm (Produzent), Flo Wildemann (Producer), Diana Ringelsiep und Felix Bundschuh (Drehbuch und Regie) beschäftigt und lassen in ihrer Doku 69 Musiker:innen und Aktive aus der Szene zu Wort kommen. Mit dabei sind unter anderem Die Toten Hosen, Wizo, Donots, Swiss, Diggen, Sondaschule, Rogers, Antilopen Gang, Akne Kid Joe, aber auch die Punk-Legende Fat Mike von NOFX. Es ist eine Zeitreise durch zweieinhalb Jahrzehnte Musikgeschichte, doch es geht auch um aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft.

Die Reise bringt uns vom ersten Schlachtrufe-Mixtape bis zum Durchbruch der eigenen Band der Interviewten. Vom 11. September 2001 bis zum Angriffskrieg auf die Ukraine. Von kostspieligen Prepaid-SMS bis hin zu ausufernden Shitstorms im Netz. Von Deutschpunk bis Zeckenrap. Von der Jahrtausendwende bis heute. Mittlerweile ist Punk allgegenwärtig und ein fester Bestandteil der Popkultur. Im Gegensatz zu den Bands aus den 70er und 80er Jahren, mussten die Millennials sich nicht mal selbst als Punks definieren, um durch den Spirit der Subkultur sozialisiert zu werden – nur die Rahmenbedingungen hatten sich verändert. Auf dieses veränderte Umfeld fokussieren sich die vier Folgen der Dokuserie. Während im ersten Teil der Zeitgeist der Jahrtausendwende im Mittelpunkt steht und die Frage, wie Millennials zwischen Komasaufen, Tamagotchis und Skateboardfahren zum Punk gekommen sind, ist die zweite Folge der politischen Seite des Punk gewidmet: Inwiefern hat sich 9/11 auf das subkulturelle Umfeld und die Musik ausgewirkt? Und warum ist die Punkszene, trotz ihrer antirassistischen Haltung überwiegend weiß? Die dritte Episode widmet sich der Digitalisierung, mit der Millennial Punks aufgewachsen sind – inklusive illegaler Downloads, den Auswirkungen der Printkrise und den Vor- und Nachteilen von Sozialen Medien. Der vierte Teil zeigt schließlich den Status Quo der eigensinnigen Subkultur, die längst nicht mehr nur mit dem Finger auf gesamtgesellschaftliche Missstände zeigt, sondern auch den Sexismus, die Diskriminierung und die Queer-Feindlichkeit in den eigenen Reihen reflektiert.

An dieser Stelle möchte ich direkt eine weitere Empfehlung abgeben, da es im letzten Part der Doku auch um dieses Thema geht. Es handelt sich um den Buchtipp „Punk as f*ck“ von Diana Ringelsiep und Ronja Schwikowski (Hg.), welches sich mit der Szene aus Sicht von Flinta*-Personen auseinandersetzt.

Aber nun zurück zur Doku. Ich persönlich hatte wahnsinnigen Spaß diese Doku-Reihe mir am Stück direkt anzuschauen. Ich gehöre auch genau in diese Generation herein und es war ein Misch aus sich verstanden fühlen und Nostalgie. Es geht um die Einstiege der jeweiligen Personen in die Punk Musik, wie man zu dem Style gekommen ist, was die Politik verursacht hat und wie die Digitalisierung und das Internet einiges verändert haben, was sich Jugendliche von heute gar nicht mehr vorstellen können. Besonders gefesselt hat mich der letzte Part. Es geht darin um Sexismus und Intoleranz in der Punk-Szene. Genau diese Szene, die sich sonst für so open minded darstellt. Wie sich der Sprachgebrauch nun ändert und das Frauen in der Musik gar nicht als Besonderheit gelten wollen, wird dargestellt. Die interviewten Frauen sprechen auch über das Fehlen von Role-Models. Besonders schön finde ich die Aussage, Punk sei auch nur ein konservativer, alter, weißer Mann. Genau das sollte sich meiner Meinung nach ändern. Und es scheint, dass der Umbruch dazu schon am Laufen ist. Darüber das Punk in der Popkultur angekommen ist, kann ich so kurz gefasst nicht recht was sagen. Daher möchte ich auf meinen Artikel „Der große Ausverkauf – Punk und Kommerz“ verweisen. Punk hat mein Leben verändert und wie man in der Doku sieht, auch das vieler Anderer. Das sollte auch weiterhin so sein. Denn wie Ingo Donot sagt: „Punk ist das einzige Regelwerk ohne Regeln. Punk ist die einzige Gebrauchsanweisung  für ’n gutes Leben, die du jemals lesen musst.“

Hier geht es direkt zur ARD Mediathek. Schaut euch dieses Wunderwerk mit eigenen Augen an!

Punk will never die!