Motionless in White – Goth-Teen-Party im Substage
„Was ist denn das für’n Genre? Kann man das einfach Marilyn Manson nennen?“
„Ich wollte mich in dem Moment verprügeln als ich dachte ‚Jaja aus der Phase kommt ihr auch noch raus…'“
Manchmal muss man sich wirklich mit seinen Gedanken zusammen reißen. So erging es uns am Mittwoch Abend, den 04.12.19, im Substage Karlsruhe. Zusammen mit Fotografin Pia Böhl besuchte ich die Kult-Szene-Metaller von Motionless in White. Eigentlich ganz nette Dudes aus dem weit entfernten Pennsylvania mit ganz netter Mukke. Aber als wir die Halle betraten konnte man sofort sehen wo das hin führen sollte: Alles schwarz, alles vernietet und mit Pentagrammen behangen. Soweit so gut, stand dort im ersten Drittel vor der Bühne alles voll mit dem Goth-Teen-Fanclub der Band. Da wurde gekreischt, da wurden Live-Insta-Videos erstellt und die Snapchatfilter angepasst das es eine Freude war. Lediglich zwei männliche Mitdreißiger konnte man durch ihre Körpergröße herausstechen sehen. Das konnte noch lustig werden – oder so…
Zum Musikalischen: Skold, waren als Special Guests geladen und spielten bereits ihren dritten Song als wir uns links vor der Bühne an der Bar positioniert hatten. Ich sah die drei Mannen, die alle aussahen wir Klone Marilyn Mansons, an und stellte fest, dass sie auch genau so klangen. Sowohl vom Sound her als auch vom Gesang des Sängers Tim Skold (Nach Recherchen fand ich heraus, das dies wohl an seinem früheren Job als Bassist bei Herr Manson liegen könnte). Was mir deshalb ausgesprochen gut gefiel. Verrückter, abgespaceter Industrialsound wurde eine gute halbe Stunde von eingeblasenem Nebel umspielt. Man spürte förmlich die Anwesenheit der Dämonen die dort umher irren mussten. Skold versuchte an einer Stelle das Publikum zu animieren mit ihm „Anarchy“ zu singen, dies scheiterte allerdings und er schenkte den Mädels ein gehauchtes „Fuck you“. Hat sich der Gute wohl auch was von der Attitüde seines Mentors abgeschaut hmmm?
[amazonjs asin=“B07N3X4P7B“ locale=“DE“ title=“Never Is Now“]Tatsächlich gehe ich davon aus, dass die hellen Mädchenstimmen einfach zu hoch und leise waren um gegen den schwarzen Synth-Goth-Klang an zu kommen.
Gegen 21 Uhr ging es dann mit Motionless in White los. Das Gekreisch war groß, und mit groß meine ich kaum ertragbar, als die Band-Members die Bühne nacheinander betraten. Vor allem als Teenie-Schwarm und Sänger Chris Cerulli die Bühne erschien. In bester dramatischer Emo-Ausstattung war die Kombo gekleidet, sie strahlten aber nicht ganz so motionless (haha) von einer Backe zur anderen als ihnen dieses Gekreisch entgegen kam. Ich meine ich sah bereits die ersten Freudentränen in der ersten Reihe fließen. Vielleicht war es aber auch nur etwas Nebel im Auge.
Die Band lieferte ordentlich ab, leider war der Sound in der vorderen linken Ecke nicht ganz so gut und man hörte mehr Schlagzeug als Gesang. Gitarristen und Bassist headbangten regelmäßig synchron im Takt was einen sehr geilen Effekt hatte. Der Sänger schritt von einer Seite zur nächsten und gab so allen seinen Mädels genug Möglichkeit in anzuschmachten – sehr fair. Die Fanin vor mir versuchte den ganzen Abend ein gutes Selfie mit ihm im Hintergrund zu erhaschen, konnte aber nie zufrieden gestellt werden. Stimmung war ebenfalls vorhanden: Regelmäßiges Kreischen, Klatschen und Textsicherheit musste man dem Publikum wirklich lassen. Angeblich gab es auch ein Moshpit, dieses konnte ich aber nicht sehen. Musikalische Höhepunkte waren klar die Tophits der Emo-Metalcorer mit Synth- und Gothelementen, wie zum Beispiel: Brand New Numb und Voices. Songs für die von Chris so genannten „Old-School-Motionless-in-White-Fans“, wie Synthetic Love, ließen die ersten Reihen dann doch mal etwas durchatmen.
[amazonjs asin=“B07QQ1YHD8″ locale=“DE“ title=“Disguise“]Was ebenfalls sehr cool war und mein persönliches Highlight, war ein Song den die Band zusammen mit Tim Skold performte.
Für etwas Entspannung sorgte das Drum-Solo gegen Ende der ersten Bühnenphase der Band. Dieses kam mir allerdings nicht ganz so gelungen vor, sondern eher wie wütendes Einschlagen auf Drums ohne jeden Beat und Rhythmus.
Als Zugabe wurde noch Eternally Yours raus gehauen *schmacht* zu dem Chris dann an seine Anbetenden in der ersten Reihe Rosen verteilte *schmachtschmacht*. (Natürlich blieb von den meisten Blümchen nicht viel übrig)
FAZIT: Ein seltener Fall, dass mir die Vorband mal besser gefiel als der eigentliche Act. Dies wird aber wohl eher meinem persönlichen Musikgeschmack geschuldet sein. Skold machten ihr Ding ohne einen F*ck auf das Publikum zu geben, während MIW sehr viele F*cks aufs Publikum gaben – aber genau das ist anscheinend ihr Ding. Mir war vorher nicht bewusst, dass sich industrieller Metalcore allgemeiner Beliebtheit bei der jungen Goth-Teen-Szene erfreut, sonst hätte ich vielleicht die Kutte daheim gelassen und den schwarzen Lippenstift ausgepackt.
Doch ich will in keiner Weise hier lästern oder Ähnliches: Während ich mich beim Gedanken ‚Jaja aus der Phase kommt ihr auch noch raus…‘ erwischte, verwarf ich ihn sofort wieder, da mir einfiel wie schön es doch war und auch immer noch ist, ein Fangirl zu sein.
Die Fotogalerie zum Abend findet ihr übrigens hier.