CD- Review: Papa Roach- „WHO DO YOU TRUST?“

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Ich sehe mich in ein Auto einsteigen, das Dach zurückgehen, höre den Motor angehen und starte mit dieser CD zu einem gefühlvollen Roadtrip. Aber es wird ein gemütlicher, freundlicher Roadtrip.

Papa Roach – eine, wenn nicht die Ikone für Nu-Metal der 2000er Jahre, geprägt von verschiedenen Rock, Metal und Punkrichtungen. Knapp 25 Millionen verkaufte Alben und bekannt für ihre Stilwechsel. Nun erschaffen sich die Amerikaner auf ihrer Platte „Who do you trust?“ weitgehend neu – bis auf einen eineinhalbminütigen Ausbrecher.

Ständig suche ich nach Vergleichen um dieses Feeling das ich beim ersten Anhören der Platte hatte. zu beschreiben. Ich fühlte mich als wäre ich wieder 16, noch weit entfernt von Rock und Metal und hörte eine leichte Elektropop/Poppunkgeschichte. Es war zu erwarten das dieses Album mehr in die Richtung Elektropop gehen würde. Ihr letztes Album „Crooked Teeth“ verriet durch Lieder wie „Born for greatness“, bereits einiges über den musikalischen Wandel der Band. Weg vom Punk, weg vom Leid, weg vom Schreien. Mit WDYT (who do you trust) haben sie nun ihren Wandel so gut wie komplettiert.

Aber fangen wir am Anfang an, bzw. am Ende. The Ending“ nennt sich der erste Song auf dem Album. Er beginnt bereits sehr low, startet dann aber voll los. Insgesamt bleiben sich Papa Roach hier weitgehend treu und singen vom Beginn des Endes, über das Verrückt werden, Alleine sein und so weiter. Das Lied bietet auch einige Screams die zum Mitbrüllen anregen. Musikalisch ist es noch etwas rockiger, wenig Eleketroelemente aber dennoch recht eingängig. Meiner Meinung nach, ein super Soundtrack für den Weg zum finalen Battle aus einem Superhelden Film.
Es folgt „Renegade Music“. Der Song ist für mich der vielleicht Beste auf der CD. Er besitzt Kraft, Power, regt zum Headbangen an (man sieht Shaddix sofort seine typischen Ganzkörper-Headbang-Bewegungen auf der Bühne performen) und vor allem ist er wunderbar rebellisch: Nichts ändert sich, die Welt geht vor die Hunde, aber wir müssen aufstehen und wir werden nicht aufgeben. Und dies ist der Soundtrack für den Kampf gegen die böse Welt. Amüsant sind die katzenartigen „Rawrs“ zu jedem Refrain und ein „Rage Against the Machine“-gleiches „Motherfuckeeeeer“ am Ende. „Renegade Music“ macht einfach Spaß und trägt auf jeden Fall Punkgeist in sich.

Darauf folgt ein dichter Dämpfer. „Not the only one“, hat einen rhythmischen Akustikgitarrenklang, eine typische melodische Bridge und bekommt zum Refrain einen tiefen Gitarrenriff gepaart mit verzerrter Elektrostimme geliefert. Lyrisch ist man bereits mit dem Titel im Bilde: Dir geht es schlecht, mir ging’s auch mal schlecht, anderen geht es auch schlecht. Du bist nicht alleine. Insgesamt macht mich das Lied dennoch ziemlich verrückt (im negativen Sinne), da es irgendwie hin und her springt. Zum Ende wird der Titel knapp sieben mal wiederholt, zum letzten mal geschrien. Leider hat das etwas von, uns ist nichts wirklich anderes eingefallen. Der Song hat ebenfalls etwas von Filmsoundtrack aber eher für einen Teeniestreifen.

Nun folgt der bereits einen Monat ausgekoppelte Nahmensgeber für das Album: „Who do you trust?“. Dank diesem Titel konnte man ja bereits erahnen in welche Richtung Papa Roach gehen würden. Er ist auch (mit „Renegade Music“) der kraftvollste und tanzbarste Song auf der CD. Der sehr rhythmische Song lädt zum Headbangen und mitsingen ein. Das bereits erschienene Musikvideo lässt auf Kritik an der momentan vorherrschenden politischen Situation unter anderem in Amerika schließen und deren oft gesteuerte Berichterstattung. Die Band tritt hier selbst als Schauspieler ins Bilde die beispielsweise singende Nachrichtenmoderatoren mimen. Viele elektrische Musikelemente findet man bereits in diesem Song, unter anderem in der Bridge in der die aufregenden Strophen etwas runter gekoppelt werden bevor es im Refrain wieder mit einem starken, wiederholenden Gitarrenriff („neneneneneeenee“) weiter geht. Der Song geht auf jeden Fall ins Ohr und wird Live ein absoluter neuer Knaller werden, ähnlich wie bei „Born for Greatness“ oder „Traumatic“, vom letzten Album.

Für den folgenden Vergleich werde ich bestimmt geshitstormt, aber dennoch: Mein erster Gedanke bei „Elevate“ war sofort „Oh, ein Imagine Dragons Song!“
Der Menschenchor zu Beginn des Songs, zusammen mit dem Klatschen und „Uoh-oh-oh-oh“ regt zum Mitsingen an ist aber wie gesagt für mich das Kennzeichen von Imagine Dragons. Im Endeffekt klingt das Lied mehr oder weinger genau so wie „Who do you trust“, in stark abgemildeter und lieblicherer Version. Die gerappten Strophen lassen noch etwas von ihrem Nu-Metal Charakter übrig, dennoch werden sie von der schwachen Musik nicht gestärkt. Die Bridge wird dann milde gesungen, der Refrain ist eine Mischung aus der Line „Watch me Elevate!“ von Shaddix, Elektrosirenen und dem Menschenchor. Zum Ende laufen die Elektrosirenen aus. Ein Song der wahrscheinlich eine breite, junge Masse auf Festivals ansprechen wird. Eine Masse die weit entfernt von Metal und Rock ist.

„Come Around“, „Feel Like Home“, „Problems, Top of the World“, „Maniac“ und „Better than life“ werde ich komplett zusammen fassen. Viel Neues passiert hier nicht. Während die anführenden Songs noch tanzbar sind, Spaß machen und noch etwas von der Vergangenheit von Papa Roach erahnen lassen, erkennt man hier nichts Metalliges und wenig Rockiges oder Punkiges mehr heraus (meine Mutter nannte es sogar Stehblues-Musik).
Nicht das ich falsch verstanden werde. Schlecht sind die Lieder keines falls. Die Musik ist melodisch, liebevoll und sehr verträumt, würde ich schon fast sagen. Thematisch unterscheiden sich die Lieder vielleicht noch dezent voneinander (eines ist mehr hoffnungsvoller, das andere eher weniger), manche Songs starten rockiger durch Gitarrenriffs und Schlagzeugbeats, dennoch werden sie im Refrain immer wieder zu dieser Autofahrt-Nebenbei-Musik bei der man an verflossene Lieben und Erinnerungen in sich aufploppen lassen kann.

Was dann noch mal einen Mega-Ultra-Hammer-Mäßigen Kontrast zum Rest des Albums gibt, ist „I Suffer Well“. Dieser eineinhalbminütige Nu-Metal Happen der fast schon deplatziert wirkt, lässt noch mal jeden eingeschlafenen Hörer aufschrecken und zum Headbangen aufspringen und aufschreien. Der durchgehend gebrüllte Text, in dem mehr oder weniger nur „I Suffer Well“, wiederholt wird bietet noch mal jedem alten Papa Roach Fan einen kleinen Ausgleich und Hoffnungsschimmer, das die „Last Resort“s nicht komplett Mainstream geworden sind.

FAZIT:
Papa Roach sind nun Mainstream. Sind sie das? Sie haben es sichtlich mit diesem Album versucht. Die Band war immer für musikalische Experimente bekannt und hat sich direkt nach ihrem Durchbruch und ihrer Manifestierung als „Nu-Metal“-Ikonen wieder davon entfernt. Thematisch waren sie lange die Emo-Punker/Emo-Rocker die aufregende Musik gemacht haben mit leidenden Texten über das Alleine und Kaputt sein, gescheiterte Liebe, aber auch darüber das man auf alles scheißt. Mit den letzten Alben, zuletzt „Crooked Teeth“, haben sie bereits gezeigt das sie auch anders können und mit Elektroelementen Hymnen geschaffen die breitere Massen ansprechen. Hoffnungsvolle Texte waren nun besser als die „Auf alles Scheißen“-Einstellung. Vielleicht sind die Jungs auch einfach erwachsen geworden.
Mit WDYT haben sie defintiv eine neue Nische gefunden die sie noch nicht bedient haben. Die Frage ist dennoch ob sich die langjährigen Fans mit dieser Elektropop-Platte anfreunden können und sich mit einem Metal-Lied abspeisen lassen. Sicher ist aber das Papa Roach mit ihren neuen Songs viele neue Fans dazu gewinnen werden: Sei es durch die Festivals (so lang es kein Metalfestival ist) oder eventuell durch mehrere Filmsoundtracks, da sie mit diesem Album meiner Meinung nach jedes Genre vertreten könnten.
Und ich werde mich mit meiner neuen CD bald mal auf einen Roadtrip mit Destination Strand begeben.