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Ein Klavierstück und ein minimalistisches Video – mehr braucht der Hamburger Pianist Klinger nicht für seine musikalischen Portraits. Für sein Projekt ‚Persona : Perseverance‘ hat er Menschen ausgewählt, die in besonderer Weise von Covid-19 und den Folgen betroffen sind. Das Ergebnis gewährt uns einen ungewohnten und emotionalen Blick auf die Umwälzungen der letzten 15 Monate.
Es ist ein Silberstreif am Horizont. Der Klammergriff der Pandemie lockert sich allmählich ein wenig. Doch im gleichen Maße beginnt eine neue Herausforderung, die uns wohl noch eine ganze Weile beschäftigen wird: Zu begreifen, wie sehr Corona unsere Welt aus den Fugen gehoben hat und welche Narben am Ende zurückbleiben.
Den Versuch einer künstlerischen Aufarbeitung unternimmt der Hamburger Pianist Klinger mit seinem Projekt ‚Persona : Perseverance‘. Dafür hat er Menschen, die in besonderer Weise von Covid-19 und den Folgen getroffen wurden, musikalisch portraitiert. Ein Kneipenbesitzer ist dabei, ein Theaterschauspieler, aber auch eine Risikopatientin und eine 96-Jährige, die im Altenheim an Corona erkrankt ist und überlebt hat. All diesen Personen widmet Klinger eine eigene Klavierkomposition und ein kurzes aber eindrückliches Video.
So einfach die Mittel, so verblüffend der Effekt: Die Musik und der unverstellte Blick in die Augen erzählen mehr über das Schicksal dieser Menschen als es Worte je könnten. „Als Kind saß ich oft am Klavier und habe einfach vor mich hin gespielt, frei improvisiert.“, erzählt Klinger. „Irgendwann habe ich festgestellt, dass sich mein Klavierspiel gravierend ändert, wenn jemand den Raum betritt. Als ob dieser Mensch sich irgendwie in meiner Musik widerspiegelt. So ist der Gedanke entstanden, Personen mit Musik darzustellen.“
Dass Klinger sich für die erste ‚Persona‘ Reihe das Thema Covid-19 vorgenommen hat, ist kein Zufall. „Es passiert nicht oft, dass auf der ganzen Welt gleichzeitig so viele Dinge aus ihrer gewohnten Ordnung gerissen werden. Jetzt, wo das alles hoffentlich dem Ende entgegen geht, kann man sich ja mal fragen: Was zur Hölle ist da eigentlich passiert? Und was hat das Alles mit uns gemacht?“
‚Persona : Perseverance‘ nähert sich diesen Fragen über Einzelschicksale, die beispielhaft für die Umwälzungen und Gräben stehen, die die letzten 15 Monate verursacht haben. Nirgends schwingt eine Wertung mit. Es geht nur darum, zu begreifen und nachzuempfinden. „Es ist viel gestritten worden in den letzten Monaten, manchmal auch unter der Gürtellinie. Ich glaube, dass es jetzt an der Zeit ist, uns gegenseitig in die Augen zu schauen und zu sagen: Auch wenn ich nicht deiner Meinung bin, kann ich dich sehen und respektieren. Dann kann auch unsere Gesellschaft als Ganzes wieder zusammenwachsen.“
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Das erste Portrait aus der Serie erschien am 18. Mai. Am 1. Juni folgte schließlich das Komplettpaket mit allen sechs Portraits unter www.projectpersona.de.
KLINGER
Christoph Klinger (*1983) wuchs im oberbayerischen Rosenheim auf. Sein bester Freund war ein 120 Jahre altes Steingräber Klavier auf dem er täglich stundenlang improvisierte. Nach seinem Studium in Philosophie zog er nach Hamburg um alles auf eine Karte zu setzten und aus der Leidenschaft einen Broterwerb zu machen. Seitdem arbeitet er als Pianist, Arrangeur und Produzent an verschiedenen Projekten (u.a. Vivie Ann, Alin Coen, Deniz Jaspersen).
Vor einigen Jahren fand auch das Steingräber Klavier den Weg nach Hamburg, wurde liebevoll restauriert und wieder in Betrieb genommen. Seitdem fokussiert sich Klinger wieder stärker auf Klaviermusik. Seit 2018 veröffentlicht er auf seinem Instagram Kanal Mikrokompositionen von maximal 60 Sekunden Länge. Unter dem Namen ‚Natura‘ vertont er Naturaufnahmen, in der Serie ‚Machina‘ geht es um Künstliches. Nun kommt mit ‚Persona : Perseverance‘ eine weitere Reihen hinzu, in der sich alles um Menschen dreht.
Klingers Debut EP ‚Creatures‘ erschien im Frühjahr 2020 auf seinem eigenen Label. Das erste Album soll im Herbst 2021 folgen.
Persona °1: Horst
Horst ist mit Leib und Seele Wirt – seit fast 50 Jahren betreibt er die Kneipe „Crazy Horst“. Der 76-Jährige ist fest verwurzelt in Sankt Pauli und hat mit seiner gemütlichen Kneipe einen Ort zum Versacken und Wohlfühlen, einen Raum für Freunde und Fremde geschaffen. Horst sagt, dass die Pandemie die bisher schlimmste Krise für seine fünf BarkeeperInnen und ihn ist. Bis zum Jahr 2020 hatte die Kneipe jährlich an nur an einem einzigen Tag geschlossen. Mehr als sein halbes Leben hat Horst in seiner Kneipe, seinem Lebenswerk verbracht und er kann den Tag kaum erwarten, an dem der Kiez seine bunt gemischten Gäste wieder weit nach Mitternacht an seine Theke spült.
Persona °2: Inna
Seit mehr als 20 Jahren ist Inna Krankenschwester. In all dieser Zeit hat sie nichts so hart getroffen wie die Pandemie – ob beruflich oder privat. Im April 2020 erkrankt die alleinerziehende Zweifachmutter selbst an dem Virus und ist sieben Wochen lang krankgeschrieben. Ihre 9- und 12-jährigen Kinder müssen sich um ihre Mutter kümmern, die es aus eigener Kraft nicht schafft, aufzustehen, geschweige denn Mama zu sein. So versorgen Innas Eltern die Familie mit Essen, das in sicherem Abstand auf der Terrasse abgestellt wird. Nach ihrer Genesung wird sie im Herbst 2020 als Krankenschwester des „Springer-Teams“ auf der voll belegten Covid-Station ihrer Klinik eingesetzt. So viel geballtes Leid, so viele Überlebenskämpfe, die gewonnen und verloren wurden, wird sie – hoffentlich nie wieder – erleben müssen. Video
Persona °3: Judith
Als Judith 12 Jahre alt war, wurde bei ihr Morbus Crohn diagnostiziert – eine chronische, fortschreitende Entzündung des Darms. Mittlerweile sind die Schmerzen der 26-Jährigen so stark, dass sie ihren Job als Steuerassistentin nur noch in Teilzeit ausüben kann. Judith gehört zur Risikogruppe und seit Ausbruch der Pandemie lebt sie in ständiger Angst. Sie hat Angst, Freunde und Familie zu treffen, einkaufen zu gehen, das Haus zu verlassen – weil eine Corona Infektion bei ihrem geschwächten Körper wahrscheinlich zum Tod führen würde. Ihr Freund versorgt sie mit Lebensmitteln, ist für sie da, beschränkt seine eigenen Kontakte auf ein Minimum. Er ist ihre größte Stütze in Zeiten von kompletter Isolation. Im April 2021 erhält Judith die für sie erlösende erste Impfung: Es ist keine Garantie, aber ein erster Schritt: Raus aus der Angst, rein in ein normales Leben. Video
Persona °4: Illo
Illo wird 1924 im brandenburgischen Zossen geboren. Mit ihren Eltern zieht sie nach Kassel, München, Berlin, übersteht den Zweiten Weltkrieg, bei dem die Familie zwei Mal ihr gesamtes Hab und Gut verliert. Nachdem Illo ihren Mann kennenlernt und ihre Tochter in Hannover zur Welt kommt, entschließt sie sich in den Sechziger Jahren, ihren Traum von der Schauspielerei zu verwirklichen. Sie spielt an Theatern in Kiel und Hannover – ihren letzten Auftritt hat sie mit 85 Jahren. Seit einigen Jahren lebt Illo nun im Albertinum Seniorenwohnstift in Hannover. Im April 2020 infiziert sie sich mit Covid19. Sie kann das Bett nicht verlassen, halluziniert, wiegt nur noch 42 Kilo. Ihr Zustand ist sehr kritisch, doch in ein Krankenhaus will Illo nicht. Die Ärzte und ihre Familie befürchten das Schlimmste. Nach acht Wochen kämpft sich Illo langsam zurück ins Leben. Im August wird sie 97 Jahre alt. Video
Persona °5: Daniel
Mit 6 Jahren steht Daniel das erste Mal auf einer Bühne. Als Sohn zweier Schauspieler und Künstler wächst er mit der Leidenschaft für Theater, Musik und darstellende Kunst auf . Ob als Schauspieler am Hamburger Ernst Deutsch Theater oder als Sänger der Band Kollektiv22 – Daniel lebt seit jeher von und mit der Kunst. Die Pandemie trifft seine Familie und ihn schwer. Auch seine Frau ist selbständige Künstlerin, die beiden haben einen dreijährigen Sohn. Das junge Paar muss staatliche Hilfen beantragen. Wann wird ein vollbesetztes Theater, ein unbeschwerter Abend, eine gelungene Vorstellung wieder möglich sein? Für ihn ist das Schauspiel mehr als ein Job – es ist seine Berufung, ein Teil seiner Familie und seiner Identität. Video
Persona °6: Patrik
Taschendiebstähle, Ruhestörungen, volltrunkene Krawalle – das sind die Vergehen, um die sich Patrik während seiner Schichten normalerweise kümmern muss. Seit 2016 ist der Polizeiobermeister an der Hamburger Davidwache im Einsatz. Aber seine Aufgaben haben sich seit März 2020 stark verändert. Statt Partytouristen zu bändigen, müssen Patrik und seine KollegInnen seit über einem Jahr die Corona-Maßnahmen durchsetzen. Ob Anwohner an die Maskenpflicht erinnern oder auf das Alkoholverbot hinweisen – Patrik ist über die fortlaufenden Änderungen der Maßnahmen stets auf dem Laufenden. Die Arbeit ist meist eintönig, oft zäh, aber für ihn unverzichtbar, um die Pandemie endgültig einzudämmen und den Kiez wieder zum Leben zu erwecken. Video