Musik schallt mir entgegen, als ich die Tür aufziehe und die Treppe nach unten steige. An der Wand hinter der Bar hängen Fischköpfe – natürlich keine Echten; an der Bar sitzen die verschiedensten Leute. Alt, Jung, in Grüppchen aber auch allein. Je weiter ich in den Raum vordringe, desto dunkler wird es, desto lauter die Musik. 80er Jahre Musik – Deutscher Punk, New Wave – sowas wie Malaria!, Die Ärzte… . Der Raum endet mit einer Bühne. Auf ihr ein Anker und andere Kleinigkeiten, die dem Namen des Clubs alle Ehre machen – Unter Deck.
15. Dezember, 2018. Wir befinden uns in München, Oberanger 26, in dem kleinen heimeligen Club im Schiffdekor. Prada Meinhoff treten hier heute auf.
Prada Meinhoff: Ein Duo aus Berlin – Chrissi (Vocals, Synthies) und René (Bass, Synthies). Die beiden haben sich dem Electro-Punkrock verschrieben, singen auf Deutsch und könnten genauso gut der New Wave-Bewegung der damaligen 70er, 80er Jahre angehören.
Der kleine Raum vor der Bühne ist voll. Tanzen geht trotzdem und vor allem die ersten Reihen bewegen sich lasziv zum Takt der Musik. Stampfende Bässe, dazu Chrissis klare Stimme und eine Bühnenshow, die mit den Bühnen-Lichtern spielt, die komplette Stage einnimmt und sich atemlos schwingt und wiegt. Das Duo wirbelt umher, ihre Songs rauschen durch die Menge wie ein kleiner Wind, der Blätter von der Straße aufwirbelt. Mich überrascht es, dass der Ton so gut ist, war er doch bei der Support-Band Snøffeltøffs teilweise falsch eingestellt – Vocals zu leise, Instrumente zu laut.
Genial ist, wie der kleine Raum, in dem sich das Konzert abspielt, mit der Band verschmilzt. Die vollgemalten, vollgekritzelten Wände im dreckigen Rot und Schwarz – ein bisschen verschmuddelt, abgeranzt – einfach perfekt passend zu den anprangernden Songs.
Selten besuchte ich Konzerte, auf denen das Geschehen so harmoniert wie hier: Das Publikum, das größtenteils aus Herrschaften des mittleren Alters besteht, fügt sich gut ein. Eines der Highlights bildet die Coverversion von „Das Model (Kraftwerk)“ und reißt auch den letzten der Anwesenden mit sich. Leider sieht das Mitreißen bei jedem anders aus. Und so gibt es diejenigen, die sich bewegen und bewegen, während andere hingegen gerade so ein leichtes Fuß-Tippen zustande bringen. Definitiv ausbaufähig. Neben ihren alten Songs wird natürlich auch die neue EP „Stress“ gespielt, die kurz vor der Tour erschien. Der Koma-Tour, die allererste eigenständige Tour der Band, nachdem sie schon als Supportband von Peaches, MIA. Oder Milliarden auftraten.
„Wir tanzen und wir tanzen und wir tanzen und wir fühlen nichts. Asche zu Asche, Staub zu Staub und Blicke trüben sich“, schallt es von vorne. Das Motto des Abends. Chrissi gleitet zu Boden, setzt ihren Körper gekonnt ein. Auch René verstärkt die Musik durch seine schnellen Bewegungen. Ekstase.
Ein Glück, dass Prada Meinhoff zu zweit sind. Sonst hätten die Vier aus dem Publikum nicht mehr auf die Bühne gepasst, als die Band diese bei der Zugabe auf die kleine Fläche holte. Und auch sonst agieren die beiden mit der Menge: Mitsingen lassen, in die Menge gehen, auf Zwischenrufe antworten. Eine gelungene Show, die mich überrascht, da sie ein hohes Maß an Professionalität aufweist, wie ich sie selten bei Newcomer-Bands auf ihrer ersten Tour erlebte. Und dabei lässt sich klar und deutlich feststellen: Prada Meinhoff sind eine Live-Band.
Normalerweise habe ich bei jedem Konzert etwas negativ zu kritisieren. Diesmal jedoch nicht (Ok – das Publikum hätte für meinen Geschmack eben noch mehr abgehen können). Und so bildete der Gig das wohl beste Konzert des Jahres 2018.