Review: Beartooth lassen die Funken sprühen in München

Beartooth-PromoPhoto-Extended
Promobild/Propeller Music
8.3

An diesem Donnerstagabend wird zeitgleich einige hundert Kilometer weiter nordwestlich in der Europa League ein Wunderkerzenverbot ausgesprochen. In Frankfurt musste eine Choreographie mit tausenden von Fans im Stadion abgesagt worden. Beartooth lassen zur selben Zeit in München ordentlich die Funken sprühen – in einer geschlossenen Halle! Doch der Reihe nach.

Higher Power läuten bei einer bereits gut gefüllten Tonhalle den Abend ein. Die Briten aus Leeds wechseln zwischen Hardcore-Punk und Melodic-Hardcore, gehen jedoch soundtechnisch in der Tonhalle etwas unter. Auch die Shouts des Sängers klingen blechern und können nicht überzeugen. So recht will auch der Funke zum Publikum nicht überspringen. Ob dies am schlecht abgemischten Sound der Band oder an der Musik selbst liegt, bleibt offen.

Der Introsong “Coffin” vom neuen The Amity Affliction-Album „Everyone Loves You…Once You Leave Them” läutet dann den Abend der beiden nominellen Hauptacts ein. Mit dem darauffolgenden „All my Friends are Dead“ wird die wahnsinnige Energie spürbar, die The Amity Affliction auf die Bühne bringen. Der Sound ist perfekt abgemischt, Shouts und cleaner Gesang stimmen auf den Punkt. Mit dem Song ist der Band ein echtes Brett gelungen – ein klarer Fortschritt im Vergleich zum enttäuschenden letzten Album „Misery“. Kein Wunder, dass die Australier nach jenem Album ihren Sound umstellten und innerhalb von nur 1 ½ Jahren den Nachfolger heraus brachten.

„Open Letter“ bringt die Halle zum Beben. Die Band ist nicht nur als Support mit auf Tour, sondern hat eine eigene Lightshow mitgebracht, die Songs wie „Shine On“ noch besser zur Geltung bringt. Textlich steht auch bei den neuen Songs der Tod in allen Variationen im Mittelpunkt. Das mag auf Dauer etwas ermüden, ändert jedoch nichts an den unglaublich eingängigen Ohrwürmern, die The Amity Affliction produzieren. Und der Zuckerwatte-Metalcore kommt auch in München bestens an. Mit „Pittsburgh“ und „Don’t lean on me“ beendet die Band eine starke Performance. Zahlreiche Fans wollen noch einen Nachschlag, doch 10 Songs sind für eine Supportband beachtlich. Bei ihren ersten Deutschlandkonzerten spielten The Amity Affliction als Hauptact lediglich 10 Songs.  Man darf sich jetzt schon auf eine eigene Tour zum neuen Album freuen.

Beartooth beginnen das Konzert spektakulär mit einem Konfettiregen. Ein ungewöhnlicher Start, der die Erwartungen rapide in die Höhe schnellen lässt. Der ehemalige Attack Attack-Frontman Caleb Shomo beweist, dass er über jahrelange Bühnenerfahrung verfügt. Bei jedem Lied peitscht er das Publikum neu an. Mal sollen alle springen, mal ihren Arm um den Nebenmann legen und mal fordert er den größten Circle Pit, den die Tonhalle je gesehen hat. Musikalisch liegt der Schwerpunkt an diesem Abend auf dem aktuellen Album „Disease“, von dem Beartooth sieben Songs spielen. Die nicht enden wollenden Circle Pits werden dauerhaft unterstützt von mehrmals pro Song hochsteigenden Feuersäulen, die nicht hinter sondern vor der Bühne platziert sind. Dadurch steigt die Temperatur in der Tonhalle unaufhörlich an. Der Effekt nutzt sich dadurch jedoch auch etwas ab.

„Jesus Christ, this is our best show so far on this tour!”, schreit Caleb Shomo trotzdem in die Menge. Und für einen kurzen Moment ist man sogar versucht, ihm zu glauben. Unaufhörlich werden Stage Diver nach vorne getragen, die ganze Halle ist ständig in Bewegung. Klassiker wie „I have  a Problem“ heizen das ganze weiter an.

Gegen Ende der letzten Zugabe „In Between“ platzen Konfettisäulen über den Zuschauern und hüllen alles in einen goldenen Papierregen. Gleichzeitig zünden sprühende Riesenwunderkerzen über der Bühne. Ein klasse Effekt, der allerdings die Tonhalle binnen Sekunden in dichten Nebel hüllt. Ein weiterer Song ist so auch nicht mehr möglich. Das Atmen fällt schwer, deshalb drängt alles nach draußen, während Nebelschwaden wabern. Auf die Wunderkerzen hätte man wohl verzichten können, das war zu viel des Guten. Als Fazit bleibt trotzdem ein starker Konzertabend mit zwei Bands, die beide Headlinerqualitäten bewiesen.

Unser Fazit


Location
9
Sound
8
Show
8
Weiterempfehlung
8