30. November 2024, Hamburg-Reeperbahn, klirrende Kälte. Aus allen Ecken strömen durch die Touristen-Scharen Punks auf die Große Freiheit 36 zu, ein elektrisierendes Gefühl der Vorfreude liegt in der Luft. Was die Menge heut erwartet? Den Grand Birthday Slam der Donots und als Support niemand geringeres als Itchy. Was für ein Abriss!
Itchy starten in den Abend mit einem Intro, dass schon fast an Kirchenmusik erinnert. Dann geht es aber richtig ab mit „No One’s Listening“,“Faust“, einem echten Banger, und dem relativ neuen Song „Thoughts and Prayers“. Ab Minute 1 ist das Publikum voll dabei und am Abgehen. Dabei ist es noch so früh am Abend, denn die heutige Show startet bereits um 18.30 Uhr. Nach einer kurzen Rede über die Freundschaft zu den Donots geht es dann weiter mit dem Klassiker „Why Still Bother“, der darf auch einfach auf keiner Itchy Setlist fehlen. Anschließend wird es dann groovy bei „Dancing In The Sun“ und „Black“. Den Abschluss und die totale Eskalation machen dann „Out There“, „Down Down Down“ und „Danger!“. Spätestens jetzt sollte wirklich jeder im Saal warm getanzt sein. Die richtige Party-Laune, wie es sich zu einem Birthday gehört, wird dann noch aufgebessert mit dem fantastischen Cover von „I Love It“. Itchy sind einfach die besten und gleichzeitig qualvollste Vorband des Universums, denn ein Vorband-Set, dass so sehr abgeht ist einfach immer viel zu kurz!
Während der Umbaupause wird dann ein erst zu langweilig wirkender, weißer Vorhang vor die Bühne gehängt. Das kann es doch nicht gewesen sein! Nein! Zum mittlerweile Standard-Donots-Intro werden auf diesen Vorhang Video-Schnipsel der vergangenen 30 Jahre projiziert, was mit einem Countdown zu Emmi’s „Das ist der Weltuntergang“ (Tochter von Guido) endet. Und weil der Übergang ja auch schon auf dem Album „Heut ist ein guter Tag“ so geil ist, wird dieser auch direkt ins Live-Set übernommen, wodurch somit das Set mit dem Track „Auf sie mit Gebrüll“ startet. Mich hat das ein wenig überrascht, dass ein solch positiv brachialer und aufgeladener Song direkt zum Start kommt, aber es war einfach genial und das Publikum sofort am Abgehen und Mitgröhlen. Ich persönlich finde auch einfach, dass „Auf sie mit Gebrüll“ für die Live-Bühne gemacht ist. Wirklich alles an diesem Song schreit: Geh ab und sing mit!
Weiter geht es dann mit dem ebenfalls nach vorn treibenden „Keiner kommt hier lebend raus“. Wer sich nun denkt: „Huch, gleich zwei deutsche Songs hintereinander weg?“, dem sei erklärt, die Birthday Slams waren alles Doppel-Konzerte. Der erste Abend gefüllt mit primär englischsprachigen Songs und der zweite Abend dann mit den Deutschen, wobei natürlich die Hits an beiden Abend nicht ausgelassen wurden. Nachdem dann dem Publikum und der Band schon ordentlich heiss ist und bei Gitarrist Guido schon das erste Blut fliesst, wird es dann etwas entspannter mit „Problem kein Problem“ – einer meiner absoluten Lieblingssong und es war ein krasses Erlebnis diesen im Bühnengraben miterleben zu können!
Da ja gerade bereits die Rede von den Hits war, darf auch an diesem deutschsprachigen Abend natürlich „Calling“ nicht fehlen. Anschließend gewährt Sänger Ingo dem Publikum den Einblick, dass er nun nach 30 Jahren Bandgeschichte erstmalig an seinem Bruder Guido geleckt hat und dies wohl ein einmaliges Miss-Vergnügen bleibt. Nachdem es dann mit „Das Ende der Welt ist längst vorbei“ wieder etwas ruhiger wird und man Kräfte sammeln kann, kommt dann der Fan-Song überhaupt. „Apokalypse Stehplatz Innenraum“ ist mittlerweile auch zum Circle-Pit-Club-Song geworden (so heisst der Donots-Fanclub) und man erkannte spätestens bei diesem Song die dazugehörigen Mitglieder, denn es wurden überall verteilt die Partyhütchen aufgesetzt und mit Konfetti geworfen, wie es an einem Geburtstag halt sein sollte. „Apokalypse Stehplatz Innenraum“ ist ja schon auf dem Album geil mit dem mehrstimmigen Gesang von allen Donots, doch wenn hunderte weitere Stimmen aus dem Publikum dazu kommen ist es einfach ein epischer Moment.
Für eine Person im Saal wird das nun folgende „Wake the Dogs“ einfach episch und unvergesslich, denn Ingo stellt davor fest, wie cool es doch ist, dass auch einige Kids im Publikum mit am Start sind, unter anderem der 8-jährige Jonas, welcher durch seinen blauen Iro einfach direkt ins Auge fällt. Dieser wird dann auf die Bühne geholt, um mit der Band gemeinsam bei „Wake the Dogs“ abzugehen, sodass Ingo im Anschluss nur meint sein Herz sei jetzt randvoll. Wer A sagt muss auch B sagen und so folgt auf „Wake the Dogs“ dann „Dead Man Walking“ mit einem riesigen Circle Pit, wozu Ingo nur sagt: „Auf den CPC ist Verlass!“ Dann geht es wieder zurück zu den deutschsprachigen Songs mit „Hey Ralph“ und im Anschluss wird es dann wieder wesentlich wilder mit „Whatever Forever“, „Ich mach nicht mehr mit“ und „Dann ohne mich“. Letzteres widmet die Band der Organisation „Kein Bock auf Nazis“ – ein wirklich wichtiges Statement in der aktuellen Zeit. Anschließend steigt Ingo dann ins Publikum, während dieses ein Happy Birthday den Jungs singt. Dann startet Ingo auf einmal einen Videocall an die Mutti eines Gastes und deren zentrale Aussage war: „Sag mal sind die besoffen?“ Klare Antwort, nein die sind immer so. Dann sucht sich Ingo die Susi aus und spätestens jetzt weiss man, welcher Song kommen wird, wenn man schon auf der einen oder anderen Donots-Show war. Denn Susi soll den Circle Pit anleiten zu „Kaputt“!
Doch die Donots haben ja nicht nur tolle laute und heftige Songs, daher geht es gefühlvoll und ruhig weiter mit „Augen sehen“, welches Guido allein mit der Akustik-Gitarre auf der Bühne performt. Einfach ein Gänsehaut-Moment. Sowas braucht dann auch keinen harten Break, es geht eher lustig weiter mit „Piano Mortale“, welcher eigentlich „nur“ ein Bonus-Track war, doch ein verdammt genialer, der es auch verdient hat live gespielt zu werden. An einem solchen Abend darf natürlich auch „Stop the Clocks“ nicht fehlen und statt eines Circle Pits wird hier nun fleißig gerudert. Anschließend kommt dann wieder ein bisschen Fahrt auf mit „Hunde los“, welcher auch einen magischen Moment mit absoluter Stille im Saal hatte an diesem Abend.
Kurz vor’m Ende dann die absolute Eskalation! Wie sollte es auch anders sein? Nach einem zu Hamburg passenden „Türlich, Türlich“-Intro startet „Whatever Happened to the 80’s“ und „We’re Not Gonna Take It“ und als hätte man es nicht erwartet, klettert Ingo auf den Balkon des Saales um dort direkt über unseren Köpfen herunter zu springen. Es wird sich dann verabschiedet, doch kaum einer glaubt, dass es das schon gewesen war.
Also starten die Zugaben – ja, mit Absicht im Plural, denn es sind eindeutig mehr, als man es von anderen Konzerten gewohnt ist. Den Anfang macht „Längst noch nicht vorbei“ und mit „Saccharine Smile“ kommt auch noch ein echter Klassiker dazu. Anschließend wird dann die Liebe zu Itchy bekundet, bevor es dann mit „Eine letzte, letzte Runde“ weitergeht. Zu diesem Zeitpunkt hat sich Sibbi (Itchy) bereits mit Pudelmütze getarnt in den letzten Reihen unter’s Publikum gemischt. Dann kommt Schlagzeuger Eike nach vorn auf die Bühne und wenn das passiert, so lautet die Donots-Regel, muss es ein unglaublich geiles Konzert gewesen sein. Nun aber beschwert sich Eike bei den Band-Kollegen, dass die letzten Songs alle so smooth gewesen seien und er nochmal mit dem Publikum abgehen möchte und daher wird sehr spontan „Scheißmatratze“ noch einmal kurz hervor gekramt und zum Besten gegeben. Mit dem immergleichen und wunderschönen letzten Song „So long“ verabschieden die Donots sich dann vom Hamburger Publikum und schon kurz darauf schwärmen ihre Fans hinaus in die kalte Hamburger Nacht. Wobei es gar nicht so spät ist, denn durch den frühen Beginn, endet das Konzert bereits vor 22 Uhr.
Was für ein Abend – was für eine Nacht! Es fällt mir schwer all diese Emotionen und das Geschehen in Worte zu fassen, denn sie scheinen nie gut genug zu sein. Man muss die Donots einfach mal live erlebt haben, und das nicht nur bei einer Festivalshow (auch wenn diese ebenfalls echt gut sind). Es ist einfach eine besondere und familiäre Atmosphäre, was sowohl an der Band, als auch an ihren Fans liegt.