Review: Mediokrist – „menschXmaschine“

Mediokrist_mXm_Cover_Spotify (1)
6.9

Wir Menschen lieben es, wenn für sich stehende Einzelteile unter einem übergeordneten Konzept zusammengeführt werden. Auch in der Musikbranche erfreuen sich Konzeptalben mit einem roten Faden und einer konsistenten Struktur großer Beliebtheit. Nach ihrem 2019 erschienenen Debüt „Traumwelt“ machten es sich Mediokrist aus NRW somit erneut zur Aufgabe, ein zusammenhängendes Konzeptalbum zu präsentieren. Heraus kam dabei das heute erschienene „menschXmaschine“, das dem Festivalstalker zur Review vorliegt.

Wie der Titel bereits vermuten lässt, geht es um die Symbiose oder in vielen Bereichen auch Antibiose zwischen den Menschen und der immer weiter fortschreitenden künstlichen Intelligenz. Ein hochaktuelles Thema, das viel kreativen Freiraum für Spekulationen und fiktive  Geschichten mit wahrem Kern bietet. Laut dem Sextett selbst, handelt es sich um „Eine enthumanisierende Reise, die mit einer Vision und einem Bedürfnis beginnt und mit Erkenntnis und Reue endet.“

Natürlich ist das (zugegeben sehr spannend klingende) Konzept nur die halbe Miete, welches es nun in den einzelnen Tracks auch musikalisch umzusetzen gilt. Den Anfang macht dabei ein eher weniger originelles Instrumental- bzw. Synthesizer-Intro, das in den ersten Track (und zugleich die zweite Single) „Surrogat“ übergeht. Dieser ist wiederum von einigen spannenden Breakdowns sowie einem eingängigen Refrain geprägt. Er handelt von dem Streben nach Perfektion, welche (laut dem lyrischen Ich) nur durch eine nicht-menschliche Hülle (Surrogat/Ersatz) erreicht werden kann.

Weiter geht`s mit dem ebenfalls als Single ausgekoppelten „Replikat“. Ironischerweise ähnelt der Song von Aufbau, Stimmung und Härtegrad dem Opener deutlich, kann aber nichtsdestotrotz durch einen mMn besser ausgestalteten Refrain und ein prägnantes Gitarrensolo zum Ende hin überzeugen. Genau dieses „Problem“ ist auch Inhalt des Songtextes; heutzutage bekommen die Replikate oftmals mehr und positivere Aufmerksamkeit des Publikums.

Auch der folgende Track „Konvergenz“ erblickte bereits als Single das Licht der Welt. Dieser kommt sehr roh, schnell und aggressiv daher, sodass ich zunächst nicht mit ihm warm werde. Gerade das Ende kann es jedoch mit einer harmonischen Bridge und einem ausgefeilten Solo nochmal rausreißen. „Layer 8“ schließt sich dem Vorgänger an, schmeißt aber zusätzlich einen dicken Breakdown sowie eine ordentliche Portion Gesllschafts-/ Politikkritik mit in den Mix.

„Datenstrom“ heißt die nächste Nummer, die mit einigen Tempowechseln sowie alternierenden Clean- und Shoutgesang-Passagen aufwartet. Diese Inkonsistenz sorgt zwar dafür, dass das Lied unvorhersehbarer als seine Vorgänger daherkommt, dafür allerdings die Harmonie in der Struktur leidet. Für mich einer der schwächeren Songs des Albums.

Mit „menschXmaschine“ kommen Mediokrist auch schon zum Titeltrack der Platte, der leider kaum hervorsticht. Inhaltlich beschreibt der Titel das Konzept des Longplayers selbstverständlich am besten, allerdings ist musikalisch hier noch Luft nach oben. Gerade der Cleangesang braucht sich nicht zu verstecken und dürfte hier etwas mehr in den Vordergrund treten, als Abwechslung zu den manchmal etwas überdosierten und eintönigen Shouts.

„XOR“ hatten Mediokrist bereits 2020 als Auskopplung veröffentlicht, was es zum ältesten Teil des Albums macht. Im Gesamtbild merkt man dem Track das Alter allerdings kaum an und er fügt sich gut in den dystopischen Rahmen ein.

Mit „Negation“ folgt, was man wohl am ehesten als Ballade des Albums ansehen kann. Ein ruhiger Start mit zunächst ausschließlichem Cleangesang, der nur sporadisch durch Shouts ergänzt wird, was dem Song sicherlich nicht schadet. Zusätzlich mit dem längsten Gitarrensolo auf der Platte versehen, wird „Negation“ zum wahrlichen Highlight der Platte.

Nach einem Höhepunkt muss es zwangsweise wieder bergab gehen und so kommt es, dass „Anomalie“ leider nicht annähernd mit seinem Vorgänger mithalten kann. Stumpfe, fast schon deplatziert wirkende Growls und Shouts treffen auf einen Refrain von dem man meint ihn in der vorherigen Songs schon mal gehört zu haben.

Den Abschluss macht „Syntax“, das leider musikalisch auch nicht an vorher gezeigte Stärken anknüpfen kann. Inhaltlich bereitet der Song jedoch ein würdiges Ende des roten Fadens, der sich durch das Album zieht.

Insgesamt kann man Mediokrist seit dem letztem Longplayer, der vor fast fünf Jahren erschien, eine Weiterentwicklung und Ausarbeitung des musikalischen und inhaltlichen Konzepts attestieren. Der bereits erwähnte konsequente rote Faden sorgt zwar für eine schöne Storyline und ein gelungenes Konzept, verhindert aber Abwechslung und Umbruch an den richtigen Stellen.

Ruhigere (und damit andersartige) Tracks wie „Negation“ sorgen für eine Auflösung der Eintönigkeit und hätten gerne öfter (und früher) auf der Platte Einzug finden dürfen. Auch den (Pre-)Refrain Passagen mit klarem Gesang darf gern in Zukunft mehr Bedeutung zukommen. Bestimmt können die neuen Songs vor allem live nicht zuletzt wegen der deutschen Sprache und dem Moshpit-Potenzial den ein oder anderen neuen Fan gewinnen, der sich für das Genre begeistern lässt.

Mediokrist Website: https://www.mediokrist.de/

menschXmaschine bei Spotify

Tracklist:

  1. Intro
  2. Surrogat
  3. Replikat
  4. Konvergenz
  5. Layer8
  6. Datenstrom
  7. MenschXmaschine
  8. XOR
  9. Negation
  10. Anomalie
  11. Syntax

Review: Mediokrist - "menschXmaschine"

Redaktioneller Hinweis (JM): Die vergebene Punktzahl für „Artwork“ geht nicht in die Gesamtpunktzahl mit ein, da diese nur die musikalische Qualität widerspiegeln soll. Es wird versucht alle Bands/Künstler im Kontext ihrer derzeitigen Größe und Möglichkeiten zu bewerten.

Unser Fazit


Sound
8
Inhalt
8.5
Kreativität/Abwechslung
5
Artwork
7
Wiederhörwert
6