Samantha Fish ist eine der begnadetsten Gitarristinnen dieser Zeit. Ihr letztes Studio-Album „Death Wish Blues“ (2023) erreichte rasant Platz 1 der Billboard Blues Charts und brachte ihr eine Grammy-Nominierung, sowie Einladungen als Support-Act für The Rolling Stones, Slash und weitere ein. Nun hat sie ihr neues Album „Paper Doll“ in den Startlöchern, welches am Freitag, den 25. April 2025, über Rounder Records erscheinen wird. Produziert wurde „Paper Doll“ von der Detroiter Garage-Rock-Legende Bobby Harlow (The Go). Alle Songs auf „Paper Doll“ sind mit instinktiver Kraft, seelenberuhigender Empathie und neu gewonnener Klarheit vorgetragen. „Ich habe Jahre gebraucht, um endlich meine Stimme in einem Studio zu finden“, gibt Samantha Fish zu. „Aber mit dieser Platte habe ich alles, was ich hatte, auf den Tisch geknallt.“ Das Thema des kompromisslosen Trotzes zieht sich durch das gesamte Album, während Samantha Fish neue Tiefen der Verletzlichkeit und des Selbstausdrucks erforscht und sich mit Liebe, Verlust und persönlichem Wachstum auseinandersetzt.
Wir starten ins Album mit „I’m Done Running“, welcher erst smooth und ruhig beginnt, um dann beim ersten „watch me go“ in formschöner Synchronität von Gesang und Gitarre richtig zu starten. Es ist ein nahezu perfekter erster Song, da er sich nach und nach erst aufbaut und entfaltet. Auch der Text handelt von persönlichen Entwicklungen und ein jeder kann diese Zeilen wohl gut verstehen.
„I know I’m changin’, changin’, watch me go
Hits keep coming, clouds keep thundering, tears and blood but I’m done runnin’,
Clock keeps drumming, long time coming, tears and blood, but I’m done runnin’
When I look in the mirror, staring at the unknown
The world’s not getting clearer but I like where I’m goin’“
Weiter geht es dann mit „Can Ya Handle The Heat?“. Beim ersten Hören, erinnerte mich die Eingangs-Gesangs-Melodie stark an „Bulletproof“ („Kill Or Be Kind“, 2019), doch dann entwickelt sich daraus ein vollkommen anderer Song, der einen abschließend nur Ja-Schreien lässt auf die Frage des Titels.
Sexy geht es weiter mit „Lose You“. Auch dieser Song strotz vor Frauen-Power und der zugrundeliegenden Message, dass eine Frau* nicht zwingend auf einen Mann* angewiesen ist und auch Frauen einfach mal einen Mann um den Finger wickeln können.
Gemeinsam mit der Album-Ankündigung erschien dann auch die Lead-Single „Sweet Southern Sound“ bereits vor einigen Wochen. Der Song, der zusammen mit dem in New Orleans ansässigen Singer-Songwriter Anders Osborne geschrieben wurde, ist eine fesselnde Meditation über den Kampf, Leidenschaft und persönliche Beziehungen in Einklang zu bringen. Gekrönt wird dies von üppigen Orgelmelodien, einem gospelartigen Chor und einem wirklich krassen und fesselnden Gitarrensolo. „Es ist eine Hymne über das Unterwegssein und das schlechte Gewissen, weil man den Menschen in seinem Leben nicht die nötige Aufmerksamkeit schenkt“, sagt Samantha Fish. “Es ist schwer, die Balance zu finden zwischen der Pflege seiner Beziehungen und der Hingabe an die Musik, und in diesem Song schwingt definitiv ein Hauch von Herzschmerz mit.“
Mit „Off In The Blue“ gesellt sich dann eine wunderschöne und doch nicht traditionelle Ballade mit auf „Paper Doll“. Der folgende Song namens „Fortune Teller“ hatte mich gleich vom ersten Moment an in seinen Bann gezogen. Was ist sexyer als Samantha Fish, die lasziv ins Mikro haucht:
„See my way, I’m the fortune teller,
Picked up from earth two fallen feathers,
These desperate stars are guiding me to better
My heart and soul, I wanted you forever“
Doch es bleibt nicht konstant smooth und low. Mitten im Song switcht „Fortune Teller“ dann nach den aufklärenden Zeilen
„The truth, the truth, the ugly truth, let me live inside my pretty lie,
I lose, I lose for loving you, in the darkness all I’d do to make you mine“
und einer bedeutungsvollen Stille zu wild, catchy und dancy. Es ändert sich aber hier nicht nur der Stil, sondern es scheint wie ein eigenständiger zweiter Song im Song zu sein. Als hätte man sich von der Last einer tragischen Liebe befreit, geht es nun treibend nach vorn und der Song endet, wie sollte es anders sein, in einem epischen Gitarren-Solo.
„And put my heart back in a box, draw a circle in the salt, kill my love
You took me to the edge and pushed me from our sacred ledge, kill my love“
Catchy geht es dann auch weiter mit „Rusty Razor“. Hier wird Samantha Fish gefeatured von Mick Collins (The Gories). Anschließend folgt der Titel-Track „Paper Doll“, welcher mich direkt beeindruckt hat von seiner vollkommenen Synchronität und Harmonie zwischen Gesang und Gitarre. Besonders schön ist dies zu Hören bei den Zeilen:
„You pin me up, just to tear me down, I’m not your paperdoll
It’s by design, you change your mind, til I’m nothing at all“
Der Song handelt, darüber wie jemand seine*n Partner*in verändern möchte nach den eigenen Wünschen, doch dies ist der falsche Weg und wird niemals zu Perfektion führen. Diese Thematik zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album, mal mehr mal weniger offensichtlich. Den Abschluss macht dann „Don’t Say It“, welcher von seiner Tonalität her erstmal aus der Reihe fällt, da er zuerst locker und leicht daher schwebt. Doch die Thematik bleibt die gleiche und auch ersthaft:
„You don’t want to solve it, deep down here in the dirt
The devil’s in the details baby, you know how to make it hurt
Your eyes don’t match what your lips are sayin’, you just want the last word,
but all I ever wanted, is only to be heard
You say it’s just the truth, like I meant nothing to you, it’s gonna leave a bruise on me
You say it’s just the truth, but it’s only an excuse, come on, cut it loose and leave“
Es fühlt sich an, als wäre „Paper Doll“ wirklich notwendig gewesen, als wäre es ein Befreiungsschlag für Samantha Fish. Etwas das gesagt werden musste. Etwas das eine Veränderung beschreibt, die nie abgeschlossen sein wird. Man findet sich in den Songs von „Paper Doll“ wieder, egal ob Mann, Frau oder anderen Geschlechtes. So viele Personen haben bereits in toxischen Beziehungen gelitten. „Paper Doll“ ist eine Hymne für all diejenigen die sich da heraus gekämpft haben, oder noch dabei sind sich heraus zu kämpfen. Samantha Fish’s Worte geben Kraft und zeigen gleichzeitig auch ihre Verletzlichkeit. Es ist ein episches Werk, welches mindestens genauso viel Aufmerksamkeit verdient, wie ihre vorherigen Alben.
Interessanter Side-Fact: „Paper Doll“ wurde während eines straffen Tourplanes aufgenommen und fängt dadurch die ungezähmte Energie ihrer Live-Auftritte ein. „Ich habe noch nie eine Platte auf Tour aufgenommen“, verrät Samantha Fish. „Obwohl es so intensiv war, fühlte es sich gut an, den Schwung der Live-Show beizubehalten. Es hat uns geholfen, ein Album zu machen, das einen echten lebendigen, atmenden Puls hat.“