Walking on Rivers – „Time To Lose Control“ EP-Review

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Ricarda Funnemann
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9.2

Schon im März wurde angekündigt, dass es Anfang Juni neue Musik vom Indie-Folk-Pop-Trios Walking on Rivers geben wird. Nun ist es soweit: Am Freitag den 4. Juni erscheint die EP Time To Lose Control mit sechs brandheißen Liedern.

Während die Band im letzten Sommer noch zu fünft auf der Bühne stand, verließen zwei Mitglieder die Band aus beruflichen oder familiären Gründen. Den übrigen dreien stellte sich die Frage, wie sie mit der Band weiter fortfahren wollen. David Laudage, Martin Kreuzer und Sebastian „Borsti“ Pieper erschufen dabei, nach über 6 Monate harte Arbeit, einen neuen modernen Indie-Pop-Sound mit elektronische Beats, athmosphärische Synths und diversen Samplern und verzichten auf den typischen Folk-Charakter der früher durch Piano und Posaune geprägt wurde. Mit dieser EP möchte es Walking on Rivers wagen, ins Musikbuisiness einzusteigen und neue Dinge zu wagen. Das spiegelt sich auch in den Lyrics häufiger wieder. Bei den Aufnahmen wurde die Band vom Produzenten Sven Ludwig unterstützt, der beispielsweise für die Werke von OK KID mitverantwortlich ist. Das Mixing übernahm Jochen Naaf der bereits das Mixing für Bosse und Giant Rooks erledigte.

Die Songs unter der Lupe:

Los gehts mit Overachiever. Ein Song der direkt ins Ohr geht und schon bereits im März veröffentlicht wurde. Mit knapp dreieinhalb Minuten und einem straighten Aufbau, erfüllt der Song alle Kriterien, um im Radio rauf und runter gespielt zu werden. Inhaltlich scheint es darum zu gehen, auch mal etwas zu wagen, an das man fest glaubt und nicht immer nur dem nachzugehen, was Andere von einem Erwarten. Was gibts tolleres einen Ohrwurm, von einem fröhlich klingenden Song zu haben, der sogar dazu motiviert, über den eigenen Schatten zu springen.

 

Im Kontrast dazu steht der nächste bereits veröffentlichte Song Stay in the Box. Er geht ebenfalls ins Ohr, ist die perfekte musikalische Untermalung für einen warmen Sommerabend im Freien, während die Sonnen unter geht. Aber dann kommt ein gesellschaftskritische Text, der uns Aufzeigen soll, dass wir in einer Wohlstandsbubble leben, in einer Welt, in der alles Happy, Schön und Toll ist, aber auch viel Unrecht existiert, wir das auch wissen, aber dennoch nichts daran ändern und lieber in unserer Bubble bleiben wollen. Man könnte meinen, dass die „Sonnenuntergangsmusik“ genau diese Bubble untermalt. Zum Sonnenuntergang, passt auch das Design der Platte. Dämmerndes Sonnenlicht trifft auf Wasser – Also doch ein Sommerabend am Meer? Es beschreibt den Sound der Platte jedenfalls ziemlich gut.

 

Als nächster Song folgt Selfmade Delusion. Was einst als eine Ballade am Piano geplant war, entwickelte sich daraus ein solider Popsong. Ab der Mitte des Stückes setzt ein relativ treibender Beat ein. Synthesizer und ein Streichorchester bauen das Ganze weiter auf, sodass es den Song groß wirken lässt. Nach zweieinhalb Minuten bricht dieses Konstrukt abprubt zusammen und der Song kommt zum Ende. Auch in diesem Song wird das gesellschaftliche Konstrukt in dem wir Leben aufgegriffen. Wir gaukeln uns vor komplett frei zu sein, müssen uns aber dem System anpassen, um in dieser Welt überleben zu können. Nach außen präsentieren wir dann das perfekte Leben und Betrügen uns damit nur selbst – Selfmade Delusion eben.

Feeling in my Bones erinnert mich persönlich ein wenig an Fil Bo Riva, aber gleichzeitig kommt durch die hohen langezogenden Töne auf der Gitarre ein Post-Rock artiger Sound zustande. Ähnlich wie bei Overachiever gehts in dem Song nicht aufzugeben, weiterzumachen und auch Veränderungen zu wagen. Es folgt In Vain, der mit seiner Rhythmik und dem Gesang am ehesten an den Folk Charakter der letzten EP „Off the Trails“ erinnert. Besonders prägnant ist hierbei der Basslauf, der den Gesang passend untermalt. Am Gesang wurde ebenfalls mit Autotune und anderen Effekten experimentiert.

Walking on Rivers - "Time To Lose Control" EP-Review

Das Cover der EP, auch als limitierte pinke Vinyl erhältlich

Ein weiteres experimentierfreudiges Stück ist der Titeltrack Time To Lose Control. Dieser Song ist einfach anders. Das kann auch daran liegen, dass dieser im Studio während eines geselligen Abends spontan entstanden ist. Hier entstand basierend auf einem fetten Beat durch zufügen von diversen Synths und anderen Samplern ein sehr athmosphärischer Song. Dieser Song baut langsam mit Piano und Gesang auf und führt ab dem Einsatz der Drums zu einem epischen Hörerlebnis. Mit diesem Song können die Jungs klar mit Größen wie Alt-J mithalten. Textlich geht es auch hier darum, einfach mal loszulassen, völlig auszurasten und neue Dinge zu wagen:

Take the risk and cut the rope, I free myself to my save soul

Fazit:

Der letzte Song endet abprubt, besser könnte die Platte jedoch nicht Enden. Insgesamt erhält man hier in rund 20 Minuten sechs solide, professionell aufgenommene Songs, die sich nicht vor den Indie-Pop-Stars der heutigen Zeit  verstecken müssen. Die Dortmunder ziehen hier ein ganz großes Ding auf. Man darf gespannt sein, wie sich die Band weiter entwickeln wird…

Walking on Rivers - "Time To Lose Control" EP-Review

Walking on Rivers in alter Besetzung im FZW – Dortmund. Foto: jenefinr

… aber auch, wie sie die neuen Stücke oder die Songs der alten EP Off the Trails in reduzierter Besetzung über die Bühne bringen werden. Die erste Möglichkeit dazu gibt es bereits am 12. Juni im Rahmen von Dortmund Live: Dort wird die Band um kurz nach 22 Uhr ein Livestreamkonzert in der Westfalenhalle spielen. Zwei coronakonforme Konzerte finden zudem im Juli in Hamburg und Köln statt; weitere Konzerte sind geplant. Anbei die bisherigen Tourdaten auf einen Blick:

Walking On Rivers – Live 2021

12.06. Dortmund, Westfalenhalle (Streaming Konzert)
06.07. Hamburg, Schrödingers im Schanzenpark
07.07. Köln, Kantine Open Air
17.12. Dortmund, Domicil (Ausweichtermin – Jahresabschlusskonzert 2020)

EP, Tickets und Merch gibt es hier im WOR-Store!

 

Unser Fazit


Overachiever
10
Stay In The Box
9
Selfmade Delusion
9.5
Feeling In My Bones
8.5
In Vain
8
Time to lose Control
10