Soundcheck One Festival – Dorfrockhock mit den Sons of Sounds
Am Samstag den 30.November machte ich mich auf in Richtung Wald. Zwischen Bergen und Tälern, alten Fabrikhallen und verlotterten Campingplätzen liegt das kleine und feine Soundcheck One. Hier singen und saufen die Gebrüder Sound die alljährlich zum gemeinsamen Beisammenrocken und Feiern laden.
Die erste Hürde war schon mal die Anfahrt. Ich, als Städterin, verließ mich natürlich auf die einzige Bahnlinie die durchs schöne Albtal fährt…. allerdings auch nur alle Stunde. Nachdem mich dann mein Lieblingstaxifahrer (mein Papa) zur Location brachte, begrüßte mich im Eingang erstmal Roman, einer dieser SOS-Brüder. Ich teilte ihm mit, dass sein Bruder mich auf die Gästelisten schreiben wollte, der hatte das aber wohl vergessen. Da man aber als Rocker cool-lässig ist und als Dorfler eh, lies mich der Gute schnell ins Warme huschen.
Mit einer schicken Verspätung endlich angekommen, erfuhr ich von meinem Bekannten das ich wohl bereits die ersten zwei Acts verpasst hatte. Den Eröffnungsentertainer Michael Heitz und die erste Band Act of Providence. Sorry dafür.
Dann begrüßte ich Wayne, der eine Bruder der vergaß mich auf die Liste zu setzen. Ich betrachtete die super coole Location, die Liebe zum Detail, das verruchte Interieur. Lichterketten wurden hier von Höschen zusammen gehalten, das DJ Pult befand sich auf einem Balkon welcher nur über eine enge Wendeltreppe zu erreichen war. Im Eingangsbereich standen ausgebaute Kinositze und von der Decke baumelte eine Schaufenster Figur in einer Sexschaukel. Es war einfach wunderschön.
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Mit dem ersten Bier in der Hand standen wir dann in dem Teil der Halle mit der kleinen Bühne. Dort stand ein altes Telefon mit Wählscheibe auf einer Soundbox. Die erste Band die ich sehen konnte und die Zweite des Abends waren Miss Rabbit aus der Schweiz. Die Sängerin sang tatsächlich zuerst in dieses Telefon was einen wirklich interessanten Klang erzeugte – man konnte zwar den Text nicht gut verstehen aber das tat dem Effekt keinen Abbruch. Die Sängerin sorgte für Stimmung – jedenfalls versuchte sie das bei dem noch nicht ganz vollzähligen, etwas älteren Publikum. Trotz dessen legte sie ordentlich los, Bassistin und Gitarristin standen cool daneben und gaben dem Bild einen passenden Gesamtrahmen. Musikalisch erinnerte mich der Sound an die Subways. Rock’n’Roll mit einer fetten Portion Frauenpower.
Das zweite Bier folgte dann zu Mess up your DNA. Die Karlsruher Szenemetaller hatte ich schon oft gesehen – in Form von Stickern in allen möglichen Locations und Clubs. Live jetzt so noch nicht. Leider musste ich dem zustimmen was mein Kumpel mir schon angekündigt hatte: Wenig Kraft in den Clearvocals, wenig Besonderheit im Sound. Dafür 100 Prozent Performance vom Bassisten, der bald im Publikum mit seinem Mini-Fanclub abfeierte.
Dann gab es zum dritten Bier erstmal noch eine gute Bratwurst, Pommes und schlechte Witze über Bio-Veganer. Zur Mitte des Auftritts der Diamönd Seagulls kamen wir dann wieder vor die Bühne. Auf diese Leo- und Tigerleggins gab es einen Jacky Cola, einen Pfeffi und etwas Schmunzeln. Während die stilsicheren Jungs aus Lahr ihr Outfit, Hair und Make-up ganz klar von Steel Panther abgekupfert hatten, so wie ihre Bühnenpräsenz (wobei sie sich jetzt nicht trauten die Frauen zu überzeugen ihre T-Shirts auszuziehen), ging ihre Musik klar in Richtung Mötley Crüe was auch das ä im Namen klar machen sollte (oder?). Der Glam-Rock ausm Süden machte mir Spaß und heizte dem ganzen Publikum ordentlich ein. Während ein Ventilator die Haare des Sängers um seine Pilotensonnenbrille und sein Bandana fliegen ließ, nahm sich die Band selbst nicht so ernst und redete von ihren zahlreichen Stadienauftritten.
Stepfather Fred war der fünfte Act des Abends und riss das Publikum dann vollkommen mit. Mit unglaublich gefühlvollen Balladen und einer sehr starken Stimme des Frontsängers konnte die Band überzeugen.
Nach einer etwas längeren Umbauphase, ein paar Zigaretten und dem letzten Jacky Cola des Abends betraten nun die Gastgeber die Bühne: Die Sons of Sounds, das sind Wayne, Roman und „H“, sind bereits seit einigen Jahren im Geschäft und das merkt man. Das ist keine Band die nicht weiß was sie tut. Mit ihrem ganz eigenen rockig-metalligen Sound, der sich in keine Schublade stecken lässt, und einer gewissen ausstrahlenden Sympathie (vielleicht auch wegen der Heimspielatmosphäre) verwandelten die Jungs ihr Soundcheck One nochmal in einen Hexenkessel. Und wollten auch gar nicht mehr die Bühne verlassen.
Da auf dem Dorf leider die letzte Bahn um halb eins fährt musste ich während dem großen Finale dieses schöne Festival verlassen und den feucht-fröhlichen Abend beenden.
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Fazit: Freunde des unkonventionellen Rock, Rock’n’Roll und Heavy Metals: Hier hätten wir so einen Abend der beweist das Genre überhaupt nichts bedeutet, Alter nichts bedeutet, Publikumszahlen und Hallengröße nicht zählt. Lange hatte ich nicht mehr so einen witzigen, sympathischen, familiären Festivalabend. Metal ist eine Community, Rock und Rock’n’Roll ein Lebensgefühl, nicht besser hätte es mir an diesem Abend mal wieder klar gemacht werden können.
Kneipenfreunde und Liebhaber des simplen, lauschigen Rocks: Gönnt euch wenn ihr Zeit habt diese wundervollen Bands auf YouTube und Spotify oder besucht nächstes Jahr einfach das nächste Festival der SOS.