Das die fünf Jungs aus Orange County mit ihrer Musik schon seit Jahren auch in Deutschland die Konzertvenues füllen ist ja schon lange kein Geheimnis mehr. Ende 2019 noch hatte die Gruppe um Frontmann Jesse Barnett mit ihrer Headliner-Show das legendäre PALLADIUM in Köln bis auf den letzten Platz gefüllt, schon kam für sie und viele andere Bands die Zwangspause. Der Coronavirus zwang die Band dazu ihre Welttournee an der Seite von Parkway Drive abzusagen. Hunderttausende Tickets waren bereits vergriffen nur damit letztendlich die Hallen dennoch leer blieben.
Wie sich dieses Gefühl für die Kalifornier anfühlen mag, wagt sich wohl keine vorstellen zu mögen. Doch die Band gibt uns eine Vorstellung davon, wie es sich anfühlt. Auf „The Meaning Remains“ verpackt die Truppe ein paar ihrer Fanfavorites in einem neuen Gewand. Anstatt den für STYG üblichen Hardcore-Sound, der die Massen üblicherweise in den Pit zieht, erklingen auf der EP ruhige und bedrückende Klänge. Die Symbolik dahinter ist klar: „Das Konzertfeeling fehlt.“ Aber heißt das, dass die EP schlecht ist? Keineswegs! Wer die Band auch nur ein einziges Mal gehört hat, weiß wie viel Emotionen und Energie in Barnetts Stimme steckt und wie viel Wert die Band auf die Message hinter den Songs legt. Genau diese beiden Punkte werden auf der Platte in den Vordergrund gestellt.
Ich glaube jeder, der Stick To Your Guns hört ist mit der vierzehnjährigen „Amber“ und ihrer Geschichte vertraut. Ihr Alleinsein wird in der Akustikversion nochmal eine Spur stärker in Szene gesetzt, da die Band hier Jesses Stimme ohne viel Drumherum ins Scheinwerferlicht setzt und der Song so beklemmend und einsam wirkt – so wie sich Amber fühlt.
Ruhig und verlassen geht es auch in der Außenseiterhymne „Nobody“ weiter. Jesses Stimme lässt einen sich daran erinnern, dass man auch in dieser harten Zeit, den Kopf nicht hängen lassen soll, denn auch wenn man sich wie ein Niemand fühlen sollte, ist man mit dem Gefühl nicht der Einzige. Gerade jetzt solle man sich vor Augen führen, dass man diese Zeit nur durchsteht, wenn man als Gemeinschaft zusammen an einem Strang zieht. Denn: Niemand kann etwas gegen die Ausbreitung des Virus unternehmen und deshalb bin ich stolz ein Niemand zu sein!
Weiter geht es mit einem der wohl persönlichsten Songs für die Jungs. Mit „Forgiveness of Self“ präsentiert uns Frontmann Jesse seinen Lieblingssong in einem neuen Gewand. Sehr introspektiv und reflektiert war der Track auch schon auf True View zu hören, aber ohne den großen Bandsound drumherum kommt Barnetts innerer Konflikt und seine Reue mit der er seine Vergangenheit bewältigt nochmal auf ein ganz anderes emotionales Level. In der neuen Version bekommen Lines wie „Broken and alone to face this on my own“ eine viel gewichtigere Bedeutung verliehen.
Der letzte Track auf der EP ist diesmal kein bandeigener Song, dennoch ein Song, der schon seit Jahren nicht mehr aus den Live-Sets der Band wegzudenken ist. Mit „Take on me“ hüllen STYG den Klassiker von a-ha in eine frische, eigene Aufmachung und präsentieren uns so eine volle Version den Songs, wie sie ihn auch live noch nicht gespielt haben. Auch hier kann man den Text wieder auf die aktuelle Situation münzen, denn wir sollten alle im Hinterkopf behalten, dass das Leben okay ist, auch wenn es momentan nicht so scheint. Wir müssen versuchen positiv gestimmt zu bleiben. Das jazzige Saxophonspiel in dieser Version erleichtert es einem enorm. Es kling einfach fröhlich und sorgt für gute Laune. Eine perfekte Addition zu Jesses Stimme, welche man von der Band so gar nicht kennt.
Alles in Allem richtet sich die EP auf das Individuum in der Menge. Das beinhaltet zwei Aspekte: das Individuum und die Menge. Wir dürfen aktuell keineswegs vergessen, dass das beides miteinander zusammenhängt, denn auch wenn wir uns momentan nicht auf Konzerten sehen und gemeinsam Zeit verbringen können, sind wir dennoch ein gemeinsames Ganzes. Eine Familie. Das will die Band uns mit der EP wieder ins Gedächtnis rufen. Gemeinsam bekommen wir das gestemmt!